Im Mai dieses Jahres wurde das Heilige Land erneut von heftigen Kriegshandlungen erschüttert.
Zahlreiche Menschen wurden verletzt oder getötet. Viele verloren ihr Hab und Gut.
Es war ein Krieg zwischen dem Staat Israel und der radikalislamischen Organisation Hamas. Die Hamas hat sich unter anderem das Ziel gesetzt den Staat Israel zu beseitigen und einen islamischen Staat zu errichten.
Obwohl wir in Deutschland durch unsere offene Medienwelt gut unterrichtet sein könnten, wurde meist einseitig gegen Israel demonstriert und polemisiert.
Das schlimmste aber war, dass der blanke Hass auf Juden in Worten und auch Taten präsentiert wurde. Antisemitismus darf nicht sein! Generell darf Hass auf Menschen nicht sein!
Die Kriegsparteien waren der Staat Israel und die Hamas. Es waren nicht die jüdischen Menschen und nicht das palästinensische Volk!
Wir können uns den Evangelisten Lukas zum Vorbild nehmen. Er differenziert sorgfältig in der Apostelgeschichte (5.17-33): Nicht die Juden, sondern die Partei der Sadduzäer, zu welchen die amtierenden Hohepriester gehörten, verfolgten die Apostel. Das jüdische Volk hingegen hörte den Jüngern Jesu gerne zu.
Wir sind als Christen von Jesus aufgerufen unseren Nächsten und sogar unsere Feinde zu lieben. Wie kann es dann sein, dass auch Christen ihren Hass gegen Juden ausleben. Und diese treten im politischen Raum mit dem Anspruch auf, die Werte des christlichen Abendlandes zu retten. Wie pervers ist das denn?
Maria und Josef waren Juden. Jesus war ein Jude. Das Christentum ist aus dem Judentum erwachsen. Wir als Christen sollten unsere Wurzeln kennen und ganz klar wissen, auf welcher Seite wir stehen.
Natürlich dürfen wir – auch in Deutschland – den Staat Israel kritisieren. Dabei sollte man aber sachlich bleiben.
Der Staat Israel (ich Trenne das ganz deutlich von der Glaubensgemeinschaft der Juden) behandelt die arabischen Staatsbürger Israels als Bürger zweiter Klasse. Der Staat Israel bemüht sich in vielen Fällen arabische Einwohner aus ihren Häusern und von ihrem Land zu verdrängen. Das geht leider oft nicht nach den uns bekannten rechtsstaatlichen Regeln.
Wenn Sie einen Ausflug nach Bethlehem machen würden, wären Sie entsetzt über die 8 Meter hohe „Schutzmauer“, die Jerusalem von Bethlehem trennt. Als geldbringender Tourist können Sie diese Grenze meist problemlos passieren. Ganz anders sieht dies jedoch für die Bewohner Bethlehems aus, die täglich zu ihrer Arbeit nach Jerusalem fahren müssen. Sie werden von israelischen Soldaten an der Grenze kontrolliert und dabei oft schikaniert. Wenn sie widersprechen, wird die Passage verwehrt. Sie kommen nicht zum Arbeitsplatz. Wenn das mehrmals passiert, werden sie vom Arbeitgeber entlassen und sind arbeitslos (ohne Sozialversicherung wie bei uns).
Wenn wir nun ins Westjordanland blicken. Dieses Gebiet steht offiziell unter palästinensischer Verwaltung. Diese Verwaltung ist jedoch abhängig von der Gnade Israels. Gegen das Völkerrecht baut Israel Siedlungen im Gebiet des Westjordanlands. Siedlung hört sich nach kleinräumiger Bebauung an. Unter den Siedlungen sind aber auch Städte mit mehr als 25.000 Einwohnern. Es werden moderne Straßen zwischen Israel und diesen Siedlungen durch Palästinensergebiet gebaut. Diese Straßen dürfen die Palästinenser allerdings nicht benutzen.
Wenn dann wie in diesem Jahr geschehen zum Ende des Ramadans die Schikanen des israelischen Staates gegenüber den arabischen Einwohnern zunehmen und besonders die Ausübung ihres Glaubens an den heiligen Stätten erschwert wird. Kann dies zu einer Entzündung führen.
Diese kritische Situation – aus meiner Sicht – von einer schwachen israelischen Regierung ausgelöst, um innenpolitisch zu punkten, wurde von der Hamas auf der anderen Seite aus den gleichen Gründen für ihr Zwecke genutzt.
Wie so oft werden hier die Machtfragen auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen. Im Gazastreifen werden fast zwei Millionen Menschen von der Hamas und dem Staat Israel als Geisel festgehalten.
Eine Lösung dieses immer wieder aufflammenden Konfliktes im Heiligen Land ist nach wie vor nicht in Sicht. Kann es zwei souveräne und lebensfähige Staaten Israel und Palästina in diesem engen Raum geben? Kann es einen Staat geben mit gleichen Rechten und Pflichten für alle Einwohner?
Im Übrigen dürfen wir nicht vergessen, dass nicht alle Palästinenser Muslime sind. Darunter sind – leider abnehmend – auch Christen. So leben im Gazastreifen nur noch weniger als 3000 Christen unter 1,5 Millionen Muslimen. In Bethlehem ist die Bevölkerung noch zu knapp 30 % christlich (es waren einmal 80 %).
Wir können nur hoffen und beten, dass sich die besonnenen Kräfte auf beiden Seiten durchsetzen.
Der neuen Regierung in Israel wünsche ich im Interesse aller Menschen im Heiligen Land viel Glück und Erfolg.
Wilfried Römer
Foto: Der Felsendom auf dem Tempelberg in Jerusalem – Ort des Gebetes und Ort des Streites