
Jan Opiéla, kath. Seelsorger
für ‚Roma u. Sinti‘ im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz
und Präses der Katholischen Landvolkbewegung im Erzbistum Köln
am II. Sonntag in der Osterzeit ‚Weißer-Sonntag‘ zu dem Thema SEHNSUCHT auf dem Hintergrund der biblischen Texte Exodus 12,1 – 18,27 (Auszug aus Ägypten) und Matthäus 17, 1-9 (Verklärung Jesu), 24.04.2022
SEHNSUCHT … hat Hochkonjunktur, ganz gleich was es auch kosten mag. Als Sehnsucht nach Sicherheit mit einem unfassbaren 100 Milliarden€ Rüstungspaket im Schlepptau, als Sehnsucht nach Frieden mit ungeahnten Waffenexporten, gar dem geerbten DDR-Schrott, als Sehnsucht nach einem intakten Klima, mit ‚grün gestrichenen‘ Atommeilern und deren verlängerten Laufzeiten oder der Sehnsucht nach ‚politisch verlässlichen‘ Energielieferanten, nunmehr bei den arabischen Despoten aufgetan, die bekanntlich kaum ein Interesse an die für uns bindenden Menschenrechte haben.
Hingegen verheißt der Klick im Internet Sehnsucht pur ohne jeglichen Beigeschmack! Fantastische Perspektiven von Traumlandschaften, Berge und Meerestiefen in leuchtend satten Farben, selbst wenn es sich nur um einen ‚geheimen‘ Instagram Foto Point handelt, wo die Menschen für den life Klick schon Schlange stehen.
Sehnsucht nach Gott, klingt dagegen wie ein Ladenhüter, der zu alledem unter unfassbaren Missbrauchsskandalen, widerstreitenden Rechts-gutachten, blasiertem bischöflichen Gehabe und erdrückenden Kirchenaustrittszahlen ganz unten drunter verborgen liegt.
Ach, wie muss das vormals gewesen sein mit der Sehnsucht der Menschen nach dem Land, wo Milch und Honig fließen! Da zog es schon dem Mose die Schuhe bei der brennenden Dornbusch-Verheißung aus und anschließend schlichen alle heimlich still und leise wie auf Socken aus der Knechtschaft an den Ägyptern vorbei, um schnell den Sehnsuchtsort gelobtes Land zu erreichen. Doch fast vierzig Jahre sollte es dauern, nach zähen Verhandlungen zwischen Gott und Mensch -Bundesschluss und Gebotstafeln- und mit allen nur erdenklichen Höhen und Tiefen. Für den uralten Mose gab es letztendlich nur einen Schummel-Blick, wie beim Kartenspiel, auf‘s gelobte Land und auch der Rest der Hebräer wurde von der angestammten Bevölkerung nicht gerade freundlich empfangen. Die Sehnsuchts-Flüchtlinge von den fetten Fleischtöpfen Ägyptens mussten sich nach außen gegen die Feinde wehren und nach innen gegen die sich breit machende Lauheit einem alle einenden Jahwe-Gott gegenüber und dem beginnenden Auseinanderbrechen der Volksgemeinschaft. So sollte Gottes Sehnsuchts-Verheißung nicht ohne Schmerzen abgehen und keine vollkommene Erfüllung in dieser Zeit erfahren, um so höchstwahrscheinlich im Menschen die Hoffnung auf einen zukünftigen Sehnsuchtsort ständig wach zu halten.
Den meinte Petrus mit seinen Freunden schon in der Verklärung Jesu erreicht zu haben, wo für sie nun alles stimmig schien. Mose und der Prophet Elija waren auf wundersame Weise zugegen, womit Gesetz und Utopie in einem einzigen Moment zusammenfielen. Das ereignete sich zudem noch im Licht der Ver-klärung, was für Petrus alles miteinander einte und der Mensch sich so hätte niemals mehr zu einer Klärung und damit Entscheidung hätte durchringen brauchen. Ein Idealzustand, in dem sich Petrus mit dem Angebot, drei Hütten für die beteiligten Protagonisten zu bauen, selber häuslich niederlassen wollte, was der Kirche in ihrem entschiedenen ‚nicht Entschieden sein‘ bis heute ja wohl recht überzeugend (!) gelungen ist.
Doch dem wollte Gott schon damals mit der alles verfinsternden Wolke jäh einen Riegel vorgeschoben haben, von wo er auf seinen geliebten Sohn Jesu hinwies, dem zu folgen -bis heute- unser Auftrag ist!
Folglich raus aus der Sehn-Sucht, wenn das Suchtpotential vom verklärten Hier über Hand nimmt und runter aus unseren Wolkenkuckucksheimen in die Niederungen der Realität. Dort müssen wir uns dann gemäß dem Auftrag unserer Botschaft radikal aller Klärung aussetzten, besonders mit Blick auf eine ungeteilte -folglich dann nicht mehr erkaufte- wahrhaftige Sehnsucht … nach Gott (?).
für Rückmeldungen und Diskussion jan.opiela@web.de
Biblischer Text zum Thema ‚SEHNSUCHT‘ am II. Sonntag in der Osterzeit
Matthäus 17, 1-9
Die Verklärung Jesu
1 Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg. 2 Und er wurde vor ihnen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. 3 Und siehe, es erschienen ihnen Mose und Elija und redeten mit Jesus. 4 Und Petrus antwortete und sagte zu Jesus: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. 5 Noch während er redete, siehe, eine leuchtende Wolke überschattete sie und siehe, eine Stimme erscholl aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. 6 Als die Jünger das hörten, warfen sie sich mit dem Gesicht zu Boden und fürchteten sich sehr. 7 Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf und fürchtet euch nicht! 8 Und als sie aufblickten, sahen sie niemanden außer Jesus allein. 9 Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemandem von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferweckt ist!