
Jan Opiéla, kath. Seelsorger
für ‚Roma u. Sinti‘ im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz
und Präses der Katholischen Landvolkbewegung im Erzbistum Köln
Lesung: aus dem zweiten Brief des Apostel Paulus an die Thessalónicher 2, 16 – 3, 5 und Evangelium: Lukas 20, 27 – 38 am 32. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C 2022, 06.11.2022
„Kann die Liebe Sünde sein?“ fällt mir gleich die Liedzeile von Zarah Leander (1907-1981) ein, wenn ich so ganz ungefiltert einen ersten Blick auf den von den Sadduzäern konstruierten Sachverhalt im Evangelium werfe. Doch bei allem Spaßfaktor, den das Kopfkino möglicher Weise bereit hielte, so einfach lässt sich die Jesus gestellte ‚Denksportaufgabe‘ nicht lösen, zumal es ja den Fragestellern um die Erfüllung des mosaischen Gesetzes ging und im Ausgangspunkt um fehlende Nachkommenschaft.
Was das betrifft, steht die katholische Kirche den ausschließlich der Tora verpflichteten konservativ orientierten Sadduzäern in Nichts nach. Sicher findet sich heute im offiziellen Eheprotokoll zur kirchlichen Trauung die Nachkommenschaft nicht mehr an erster Stelle der ‚Ehezwecke‘, ist jedoch das ausgemachte Ziel von allem (Spaß), mit der Folge, dass sich nun jegliche gleichgeschlechtliche Konstellation von alleine ausschließt. Erst recht bleibt dann alles außen vor, was geschieden, wiederverheiratet oder sonst wie kirchlich nicht legitim zusammenlebt und verbietet – zumindest offiziell – einen göttlichen Segen. Kaum vorzustellen, dass irgendwie geartete ‚Liebesversprechen‘ in liturgischen Räumen zelebriert werden dürften, wie noch letzthin deutlich mit dem Satz aus einem Pfarramt zu verstehen gegeben wurde, „Fake-Hochzeiten finden in unserer Kathedralkirche nicht statt!“. Darauf fällt mit einer weiteren Liedstrophe die Antwort von Zarah Leander ganz eindeutig aus, „Jeder kleine Spießer macht das Leben mir zur Qual, denn er spricht nur immer von Moral und was er auch denkt und tut, man merkt ihm leider an, dass er niemand glücklich sehen kann …“.
Eine Kirche von ‚Spießern‘, besonders in den oberen Führungsetagen und zudem – was das größte Übel ist – noch mit dem Anspruch im Sinne Jesu und einer kirchlichen Tradition so und nicht anders handeln zu ‚müssen‘, das tun sich mehr und mehr Menschen – selbst die guten Willens – nicht mehr an und drehen ‚dieser‘ Kirche und ihren Gemeinschaften den Rücken zu.
Im übertragenen Sinne macht das auch Jesus, indem er sich überhaupt nicht auf das Niveau der Fragesteller herablässt und eine konkrete Antwort, wie in der Schule auf eine gestellte Matheaufgabe, schuldig bleibt. Er beschreibt das Ziel, worum es all unserem Tun und Verhalten gehen muss, die Auferstehung, die den Tod durchbricht und sich über all unsere menschlichen Begrenztheiten erhebt. Die welche wir nun Kirche in Jesu Nachfolge leben und gestalten wollen, uns besonders seine freimachende Botschaft in allem Orientierung geben sollte, müssten also die aller ersten sein, aufzubrechen und ‚Spießertum‘ abzulegen, wenn wir überhaupt noch Menschen für ein Leben nach dem Tod begeistern wollten.
Wir predigen von Aufbruch, träumen in unseren gottesdienstlichen Gesängen von einer besseren Welt und verwehren ein frohmachendes Sein-können in Gottes Namen, so dass dann in der Tat die widersinnige Frage zu stellen ist, „Kann denn die Liebe Sünde sein?“.
Interessant, dass jetzt, wo alle fest geglaubten Strukturen und dem ‚Amen‘ in Kirche gleich, auf ewig angelegte Gesetzmäßigkeiten wegbrechen oder hohl geworden, in sich zusammenfallen, scheint das Ziel mehr und mehr klarer durch zu strahlen: Gott ‚… ist doch kein Gott von Toten, sondern von Lebenden; denn für ihn sind alle lebendig‘ (Vers 38). Folglich, kann man den Eindruck gewinnen, sind nun auch die aller neuesten Entscheidungen im kirchlichen Raum, seien sie personeller Art, arbeitsrechtlich, Ethik und Moral betreffend oder bezogen auf strukturelle Vorgehensweisen, mehr den jäh am Leben orientiert.
Doch ob diese sich darin wiederspiegelnde ‚neue Freude an Gott‘ auch unsere Kirchen erneut beleben wird?
Für Rückmeldungen und zur Diskussion jan.opiela@web.de
Bibelstellen zum 32. Sonntag im Kirchenjahr C‘ 2022
Lesung: aus dem zweiten Brief des Apostel Paulus an die Thessalónicher (2,16 – 3,5)
Aufforderung zum Festhalten an der Überlieferung
15 Seid also standhaft, Brüder und Schwestern, und haltet an den Überlieferungen fest, in denen wir euch unterwiesen haben, sei es mündlich, sei es durch einen Brief! 16 Jesus Christus selbst aber, unser Herr, und Gott, unser Vater, der uns liebt und uns in seiner Gnade ewigen Trost und sichere Hoffnung schenkt, 17 ermutige eure Herzen und gebe euch Kraft zu jedem guten Werk und Wort.
Ablehnung durch Menschen und Gottes Treue
1 Im Übrigen, Brüder und Schwestern, betet für uns, damit das Wort des Herrn sich ausbreitet und verherrlicht wird, ebenso wie bei euch! 2 Betet auch darum, dass wir vor den bösen und schlechten Menschen gerettet werden; denn nicht alle nehmen den Glauben an. 3 Aber der Herr ist treu; er wird euch Kraft geben und euch vor dem Bösen bewahren. 4 Wir vertrauen im Herrn auf euch, dass ihr jetzt und auch in Zukunft tut, was wir anordnen. 5 Der Herr richte eure Herzen auf die Liebe Gottes aus und auf die Geduld Christi.
Evangelium: nach Lukas (20, 27 – 38)
Die Frage nach der Auferstehung der Toten
27 Von den Sadduzäern, die bestreiten, dass es eine Auferstehung gibt, kamen einige zu Jesus und fragten ihn: 28 Meister, Mose hat uns vorgeschrieben: Wenn ein Mann, der einen Bruder hat, stirbt und eine Frau hinterlässt, ohne Kinder zu haben, dann soll sein Bruder die Frau nehmen und seinem Bruder Nachkommen verschaffen. 29 Nun lebten einmal sieben Brüder. Der erste nahm sich eine Frau, starb aber kinderlos. 30 Da nahm sie der zweite, 31 danach der dritte und ebenso die anderen bis zum siebten; sie alle hinterließen keine Kinder, als sie starben. 32 Schließlich starb auch die Frau. 33 Wessen Frau wird sie nun bei der Auferstehung sein? Alle sieben haben sie doch zur Frau gehabt. 34 Da sagte Jesus zu ihnen: Die Kinder dieser Welt heiraten und lassen sich heiraten. 35 Die aber, die gewürdigt werden, an jener Welt und an der Auferstehung von den Toten teilzuhaben, heiraten nicht, noch lassen sie sich heiraten. 36 Denn sie können auch nicht mehr sterben, weil sie den Engeln gleich und als Kinder der Auferstehung zu Kindern Gottes geworden sind. 37 Dass aber die Toten auferstehen, hat schon Mose in der Geschichte vom Dornbusch angedeutet, in der er den Herrn den Gott Abrahams, den Gott Isaaks und den Gott Jakobs nennt. 38 Er ist doch kein Gott von Toten, sondern von Lebenden; denn für ihn leben sie alle. 39 Da sagten einige Schriftgelehrte: Meister, du hast gut geantwortet. 40 Und man wagte nicht mehr, ihn etwas zu fragen.