100 Institutionen aus Europa haben sich in einem offenen Brief an die europäischen Agrarminister und an die EU-Kommissare für Landwirtschaft, Janusz Wojciechowski, und für Binnenmarkt und Dienstleistungen, Thierry Breton, gewandt.
Sie warnen deutlich vor einer Flut von patentiertem Saatgut, Pflanzen, Tieren und Lebensmitteln, wenn die Zulassungsvoraussetzungen für gentechnisch veränderte Organismen gelockert werden.
Anlass ist der heute in Brüssel vorgestellte Verordnungsentwurf zum Genetechnikrecht.
Für Organismen, die mit den sog. neuen Gentechniken – NGT´s – entstanden sind, sollen demnach die bewährten Regeln – Risikobewertung, Rückverfolgbarkeit und Zulassungsverfahren –, die aktuell in der EU für die Gentechnik in der Landwirtschaft gelten, keine Anwendung mehr
finden.
Hier gegen wehrt sich die KLB Deutschland gemeinsam mit dem Internationalen Ländlichen
Entwicklungsdienst, ProRurE e.V. und weiteren Institutionen in Europa ausdrücklich. Insbesondere macht der Brief die politischen Entscheidungsträger darauf aufmerksam, welche Auswirkungen die Deregulierung auf die Biopatentierung haben wird. Dies ist ein Aspekt, der in der bisherigen Diskussion vernachlässigt wurde. Die Fragen zur Koexistenz und Wahlfreiheit bleiben weiterhin unbeantwortet.
Im Gegensatz zur konventionellen Pflanzenzüchtung sind sowohl die Verfahren als auch die
Produkte der neuen gentechnischen Verfahren nach EU-Recht (EU-Biotechnologierichtlinie
98/44) patentierbar. Allein für „Crispr-Cas9 und Pflanzen“ listet Espacenet, die Datenbank des
Europäischen Patentamts, rund 700 Patentanmeldungen auf. Auf internationaler Ebene wurden über 20.000 Patentanmeldungen mit Bezug auf den Begriff „Crispr-Cas9-Pflanze“ eingereicht.
Die Patentanmeldungen decken in der Regel sowohl das spezifische technische Verfahren (z. B. die Verwendung von Crispr-Cas9 zur Erhöhung des Stärkegehalts in Kartoffeln) als auch das spezifische Merkmal oder die spezifischen Merkmale ab, die sich aus dem Verfahren ergeben
(z. B. Resistenz gegen eine bestimmte Krankheit beim Keimen bei höheren Temperaturen).
Der Umfang der Patentansprüche ist oft sehr weit. Die Patente beanspruchen in der Regel alle Pflanzen mit dem angegebenen Merkmal, unabhängig davon, wie die Pflanzen gezüchtet wurden. Auf diese Weise kann sich der Umfang von Patenten auch auf konventionell gezüchtete Pflanzen sowie bäuerliches, lokales und traditionelles Saatgut erstrecken, auch wenn diese nach EU-Recht nicht patentierbar sein sollten – und kann sich nicht nur auf Pflanzen und Saatgut, sondern auch auf die Ernte erstrecken und Lebensmittelprodukte, die das Merkmal enthalten.
Die Kommissare werden ausdrücklich gebeten, alle Schritte zu unterlassen, die die
Kommerzialisierung weiterer patentierter Pflanzensorten erleichtern könnten.
Information:
Katholische Landvolkbewegung Deutschland, Bundesstelle
Drachenfelsstraße 23, 53604 Bad Honnef
Telefon: 0 22 24 – 7 10 31; E-Mail: bundesstelle@klb-deutschland.de
sowie im Internet unter: www.klb-deutschland.de