
Jan Opiéla, kath. Seelsorger
für ‚Roma u. Sinti‘ im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz
und Präses der Katholischen Landvolkbewegung im Erzbistum Köln
zum Evangelium, Lukas 6, 39 – 45 und zur Lesung aus dem Buch Jesus Sirach 27, 4 – 7 am 8. Sonntag i. J. Lesejahr C 2022, 27.02.2022
An Weiberfastnacht war dann doch noch Karnevalistisches festzustellen. Zwar zaghaft, dennoch waren die Schülerinnen nett verkleidet und rüsteten auch, zwar verschämt aber für mich sichtbar vor meinem Fenster auf, indem die kleinen Feigling-Fläschchen in BH und Stiefelschaft verschwanden, um so bis 11.11 Uhr die Kontrollen in der Schule zu überstehen.
Gleich wie die ‚Kurzen‘ verschwanden, scheint in diesem Jahr der gesamte Karneval in den
ausgewiesenen ‚Brauchtumszonen‘, schwer kontrollierten Kneipen-Hotspots und so manchem
gut gedämmten Partykeller verschwunden zu sein. Selbst vom Veedels-Wirt ‚Jussy‘ gegenüber, war nächtens nichts zu hören.
Obendrein lässt der KRIEG nun auch noch die kilometerlange Jeckenschlange, welche sich eigentlich vor ausgewähltem Publikum am Rosenmontag durch das Kölner Rhein-Energie-Stadion zwängen sollte, nicht mehr kreisen. Gar die Dauerbespaßung im Radio mit jecken Tönen, dummen Sprüchen und mehr oder minder gekonntem Witzigen, war nicht zu finden, denn man(n)/frau muss in dieser Session auf eigene Frequenzen umschalten oder sich des angegebenen Streams bedienen! All das, was ansonsten die Welt für den Rheinländer mit viel Getöse und ‚dicker Drum‘ in der ‚fünften Jahreszeit‘ auf den Kopf gestellt hat, scheint wie weggeblasen!
In der Tat steht die Welt Kopf, denn wir erleben das nie Geglaubte, dass nach den zwei
Weltkriegen tatsächlich ein KRIEG mitten in diesem ‚vereinten Europa‘ stattfindet.
Das scheint sich nun auch in der Kirche fort zu setzen! Zwar in keiner Weise zu vergleichen mit
dem weltpolitischen Geschehen, jedoch von äußerster Spannung begleitet, flankiert von einer
ungebremsten Kirchen-Austrittswelle und mahnenden Worten, die um den Begriff Schisma
(=Kirchenspaltung) kreisen. Völlig neu ist, dass nun all diese Vorgänge nicht mehr in unseren
‚kirchlichen Brauchtumszonen‘ stattfinden, da wo manch einer um den Kölner Dom herum das
sprichwörtliche ‚Biotop für Bekloppte‘ vermutet und die ‚Rotkäppchen-Träger‘ ausmacht, welche mit sich selbst im Kircheninneren mittelalterliche Riten vollziehen, sondern öffentlich! Befördert wird diese bisher noch recht unfreiwillige‚ Transparenz‘ von desaströsen Umfragewerten in Punkto ‚Vertrauen‘, #queeren Massenoutings, die das kirchliche Arbeitsrecht nun Kopf stehen lassen, Gerichtsurteile gegen Missbrauchstäter, welche mehr als eindeutig sind, fast täglich neuen Presserecherchen und wohl nicht wenigen engagierten Katholiken und Katholikinnen, welche schon demonstrationsbereit sind für den Empfang von Kardinal Woelki in ‚seinem‘ Erzbistum.
Mit einem Mal treffen all die wohl gesetzten Spruchweisheiten (Sir 27, 4-7) und gängigen Bibel-
zitate (Lk 6, 39-45) der heutigen Schrifttexte, die wir innerkirchlich Sonntag für Sonntag, vor-
nehmlich mit Blick auf die Welt da ‚draußen‘ zelebrieren, uns selbst und zwar mit erschüt-
ternder Klarheit:
- Im Sieb bleibt, wenn man es schüttelt, der Abfall zurück; so entdeckt man die Fehler eines Menschen, wenn man über ihn nachdenkt (Vers 4).
- Töpferware wird nach der Brennhitze des Ofens eingeschätzt, ebenso der Mensch nach dem Urteil, das man über ihn fällt (Vers 5).
- Lobe keinen Menschen, ehe du ihn beurteilt hast; denn das ist die Prüfung für jeden (Vers 7).
- Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht? (Vers 41).
Doch jetzt, wo wir in die Öffnungen der rauchenden Geschützrohre blicken und Panzer vor nichts haltmachen, ist unser Kirchengezänk mehr als peinlich und banal, angesichts dessen, was die Verkündigung der Gesamtheit aller Kirchen hätte in den Köpfen -selbst der Politgrößen- nachhaltig bewirken sollen … FRIEDEN!
für Rückmeldungen und zur Diskussion jan.opiela@web.de
Biblische Texte zum 8. Sonntag im Jahreskreis (C`22)
Lesung aus Jesus Sirach Kapitel 27 Verse 4 – 7 (Sir 27, 4-7)
1 Wegen eines Vorteils haben schon viele gesündigt; / wer ihn zu mehren sucht, schaut nicht genau hin. 2 Zwischen zwei Steine lässt sich ein Pflock stecken; / so drängt sich zwischen Verkauf und Kauf die Sünde. 3 Hält jemand nicht fest an der Furcht des Herrn / stürzt plötzlich und bald sein Haus zusammen. 4 Im Sieb bleibt, wenn man es schüttelt, der Abfall zurück; / so entdeckt man den Unrat eines Menschen in seinem Denken. 5 Der Brennofen prüft Töpferware / und die Erprobung des Menschen geschieht in der Auseinandersetzung mit ihm. 6 Den guten Boden eines Baumes bringt seine Frucht zum Vorschein; / so das Wort die Gedanken des Herzens. 7 Lobe keinen Menschen, ehe du nachgedacht hast; / denn das ist die Prüfung für jeden! 8 Strebst du nach Gerechtigkeit, so erlangst du sie, / wie ein Prachtgewand kannst du sie anziehen. 9 Vögel lassen sich bei ihresgleichen nieder; / und Wahrheit kehrt zurück zu denen, die sie üben. 10 Der Löwe lauert auf Beute; / so die Sünde auf die, die Unrecht tun. 11 Die Rede des Frommen ist allezeit Weisheit, / der Tor aber ändert sich wie der Mond. 12 Im Kreis der Unverständigen schau auf die rechte Zeit, / im Kreis von Verständigen aber verweile! 13 Die Rede der Toren ist ein Abscheu, / ihr Gelächter ist Lust an der Sünde. 14 Das Gerede dessen, der viel schwört, ist haarsträubend / und sein Gezänk ist ohrenbetäubend. 15 Das Gezänk der Übermütigen führt zu Blutvergießen / und ihr Schimpfen ist qualvoll zu hören.
Evangelium nach Lukas Kapitel 6 Verse 39 – 45 (Lk 6, 39-45)
Falsche und wahre Frömmigkeit
39 Er sprach aber auch in Gleichnissen zu ihnen: Kann etwa ein Blinder einen Blinden führen? Werden nicht beide in eine Grube fallen? 40 Ein Jünger steht nicht über dem Meister; jeder aber, der alles gelernt hat, wird wie sein Meister sein. 41 Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht? 42 Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Bruder, lass mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen!, während du selbst den Balken in deinem Auge nicht siehst? Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; dann kannst du zusehen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen. 43 Es gibt keinen guten Baum, der schlechte Früchte bringt, noch einen schlechten Baum, der gute Früchte bringt. 44 Denn jeden Baum erkennt man an seinen Früchten: Von den Disteln pflückt man keine Feigen und vom Dornstrauch erntet man keine Trauben. 45 Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz seines Herzens das Gute hervor und der böse Mensch bringt aus dem bösen das Böse hervor. Denn wovon das Herz überfließt, davon spricht sein Mund. 46 Was sagt ihr zu mir: Herr! Herr! und tut nicht, was ich sage?