Jan Opiéla, kath. Seelsorger
für ‚Roma u. Sinti‘ im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz
und Präses der Katholischen Landvolkbewegung im Erzbistum Köln
Sonntags-Ge-danken zum 5. Fastensonntag im Jahreskreis B‘ 2024 Lesung: aus dem Brief des Apostels Paulus an die Hebräer (5, 7-9) und Evangelium: Johannes 12, 20 – 33, 17.03.2024
Der ultimative ‚Kick‘ auf der Wallfahrt nach Santiago de Compostela ist es, dass man mit der zuvor gemachten herben Enttäuschung, vom letzten Hügel vor der Stadt doch noch fast eine Stunde zur Kathedrale wandern zu müssen, obwohl sie optisch schon zum Greifen nahe gewesen war, im Kirchenraum dann den Heiligen selbst als Empfangsritual umarmen zu dürfen. Nach all den Strapazen, Zweifeln an der Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns, alles und besonders sich selbst auf die nächste Wiese hinschmeißen zu wollen, scheint man(n)/frau mit dieser Umarmung der Jakobus-Büste nach der Besteigung des Altaraufbaues, alleine und ganz oben, selten dem ‚Heiligen‘ so nahe gewesen zu sein.
In der Tat stellt das alles in den Schatten, was da so auf der Gemeindeebene einer ‚Gottesbegegnung‘ zugerechnet wird. Mit dem ‚lieben Gott‘ aus dem Bilderbuch ist es ja schon in der KiTa nicht mehr weit her und die ‚Jesus-Kerze‘, als gestaltete Mitte in der Kommuniongruppe, lädt höchstens zum frechen Auspusten ein. Bei der ‚Beichte‘ nun den Vorgang des Zuhörens durch den Priester mit dem ‚Ohr-Gottes‘ den Kindern schmackhaft machen zu wollen, grenzt schon an Blasphemie und der einmalig gespendete ‚Sakramentale Segen‘ in der Dankandacht am Nachmittag des Erstkommunion-Tages, lädt eher zur Beschäftigung mit dem neuen Handy ein, als sich weiter Gott annähern zu wollen. Von daher macht das Evangelium des Johannes, wenn es uns eine Pilgergruppe von Griechen begleiten lässt, die von ihrer Vielgötterei zum monotheistischen Jahwe Glauben gekommen sind, neugierig, wie da wohl die Gottesbegegnung in der Pilgerkapitale Jerusalem aussehen wird. Zumal die Gruppe über Mittelsmänner ein ultimatives Zusammentreffen zu arrangieren versucht (vgl. Verse 21/22). Doch den Kontakt mit dem Gottgleichen lässt der Johannes-Schriftsteller nicht zustande kommen, um eben die Leute aus seinen frühchristlichen Gemeinden an eine Gottesbegegnung heranzuführen, die jenseits jeglicher Attraktion liegt.
Mit dem Bild-Wort Jesu, dass das Weizenkorn in die Erde fallen muss und stirbt und nur so reiche Frucht bringt (vgl. Vers 24), sind nun alle Aussagen über eine gewaltige Herrschaft zu Nichte gemacht. Folglich gäbe es für die Pilger keine Möglichkeit zum ehrfürchtigen Aufschauen und einem inneren Erstarren, gleichfalls auch kein epochales Bild, was aus dem Erhabenen heraus ein Leben lang aufbauend wirken könnte.
Johannes führt seine Gemeinden von einem ehrfürchtigen Aufschauen zum Göttlichen ohne Umschweife in die Niederungen des Alltäglichen, wo das Weizenkorn gesät ist, stirbt und nur so reiche Frucht bringen kann. Damit verbindet Johannes unser alltägliches Sein mit dem Lebens- und Leidensweg Jesu und lenkt unseren Blick umso mehr auf das, was bleiben wird, ‚… wer sein Leben gering achtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben‘ (s. Vers 25).
In der Tat stellt sich auch heute noch die Frage, ob denn so ‚Verherrlichung Gottes‘ aussieht, die damit alle ‚Kerzenopfer‘ noch so viele erfüllte ‚Sonntagspflichten‘, fromme Stiftungen, erst recht an Strapazen reiche Pilgerfahrten in den Schatten stellt und ausschließlich nach der Umsetzung vom ‚Willen des Vaters‘ fragt?
Das heißt nichts anderes, als Gott in meinem ganzen Leben zu zulassen! Das jedoch nicht im Sinne einer lästigen Pflichterfüllung, wie zu erledigende Hausaufgaben im Andenken an frühere Schulzeiten, wo das Versäumnis mit einem schlechten Gewissen quittiert wurde und irgendwann ein fürchterliches Donnerwetter erfolgte (vgl. Vers 29). Ganz im Gegenteil wird vielmehr wie mit Engelszungen auf uns eingeredet, dass die Umsetzung der christlichen Botschaft nicht Bürde ist, sondern als integrativer Bestandteil meines Lebensalltages verstanden werden soll.
Folgerichtig ist dann Tod nicht Ausgrenzung, sondern ein ganzheitliches Hineingenommen Sein in Gott. Und da gilt dann in der Tat, nur wer’s glaubt, wird selig!
zur Diskussion und für Rückmeldungen jan.opiela@web.de
Biblische Texte zum 5. Fastensonntag im Lesejahr B‘ 2024
Lesung: aus dem Hebräerbrief (5, 7 – 9)
Der Weg des Sohnes als priesterlicher Heilsdienst
1 Denn jeder Hohepriester wird aus den Menschen genommen und für die Menschen eingesetzt zum Dienst vor Gott, um Gaben und Opfer für die Sünden darzubringen. 2 Er ist fähig, mit den Unwissenden und Irrenden mitzufühlen, da er auch selbst behaftet ist mit Schwachheit, 3 und dieser Schwachheit wegen muss er wie für das Volk so auch für sich selbst Sündopfer darbringen. 4 Und keiner nimmt sich selbst diese Würde, sondern er wird von Gott berufen, so wie Aaron. 5 So hat auch Christus sich nicht selbst die Würde verliehen, Hohepriester zu werden, sondern der zu ihm gesprochen hat: Mein Sohn bist du. / Ich habe dich heute gezeugt, 6 wie er auch an anderer Stelle sagt: Du bist Priester auf ewig / nach der Ordnung Melchisedeks. 7 Er hat in den Tagen seines irdischen Lebens mit lautem Schreien und unter Tränen Gebete und Bitten vor den gebracht, der ihn aus dem Tod retten konnte, und er ist erhört worden aufgrund seiner Gottesfurcht. 8 Obwohl er der Sohn war, hat er durch das, was er gelitten hat, den Gehorsam gelernt; 9 zur Vollendung gelangt, ist er für alle, die ihm gehorchen, der Urheber des ewigen Heils geworden 10 und wurde von Gott angeredet als Hohepriester nach der Ordnung Melchisedeks.
Evangelium: Johannes 12, 20 – 33
Die Stunde der Entscheidung
20 Unter den Pilgern, die beim Fest Gott anbeten wollten, gab es auch einige Griechen. 21 Diese traten an Philippus heran, der aus Betsaida in Galiläa stammte, und baten ihn: Herr, wir möchten Jesus sehen. 22 Philippus ging und sagte es Andreas; Andreas und Philippus gingen und sagten es Jesus. 23 Jesus aber antwortete ihnen: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht wird. 24 Amen, amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht. 25 Wer sein Leben liebt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt gering achtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben. 26 Wenn einer mir dienen will, folge er mir nach; und wo ich bin, dort wird auch mein Diener sein. Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren. 27 Jetzt ist meine Seele erschüttert. Was soll ich sagen: Vater, rette mich aus dieser Stunde? Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen. 28 Vater, verherrliche deinen Namen! Da kam eine Stimme vom Himmel: Ich habe ihn schon verherrlicht und werde ihn wieder verherrlichen. 29 Die Menge, die dabeistand und das hörte, sagte: Es hat gedonnert. Andere sagten: Ein Engel hat zu ihm geredet. 30 Jesus antwortete und sagte: Nicht mir galt diese Stimme, sondern euch. 31 Jetzt wird Gericht gehalten über diese Welt; jetzt wird der Herrscher dieser Welt hinausgeworfen werden. 32 Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen. 33 Das sagte er, um anzudeuten, auf welche Weise er sterben werde. 34 Die Menge jedoch hielt ihm entgegen: Wir haben aus dem Gesetz gehört, dass der Christus bis in Ewigkeit bleiben wird. Wie kannst du sagen, der Menschensohn müsse erhöht werden? Wer ist dieser Menschensohn? 35 Da sagte Jesus zu ihnen: Nur noch kurze Zeit ist das Licht bei euch. Geht euren Weg, solange ihr das Licht habt, damit euch nicht die Finsternis überrascht! Wer in der Finsternis geht, weiß nicht, wohin er gerät. 36 Solange ihr das Licht bei euch habt, glaubt an das Licht, damit ihr Söhne des Lichts werdet! Dies sagte Jesus. Und er ging fort und verbarg sich vor ihnen.