

Jan Opiéla, kath. Seelsorger
für ‚Roma u. Sinti‘ im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz
und Präses der Katholischen Landvolkbewegung im Erzbistum Köln
22. Sonntag im Jahreskreis A‘2023 Lesung: aus dem Buch Jeremia 20, 7 – 9 und Evangelium: Matthäus 16, 21 – 27, 03.09.2023
Was tun, wenn die ‚Einschläge immer näherkommen‘? Wobei es hier nicht um eine Frage des Überlebens aus den Kriegsgebieten dieser Welt geht, sondern Dich genauso erwischen könnte wie mich. Besonders wenn der 60‘te schon länger hinter einem liegt und Todesnachrichten aus dem Freundeskreis und der gleichen Altersgruppe sich verdichten. Wenn Krankheit wie aus heiterem Himmel erbarmungslos zuschlägt und das lustig geplante RentnerInnen-Dasein mit einem Mal am seidenen Faden hängt.
Da spricht Petrus hier im Evangelium aus, was Du in diesem Moment denkst „Das soll Gott verhüten, (Herr)! Das darf mit dir nicht geschehen!“ (Vers 22) Und noch ehe Petrus seinen Gedanken zu Ende gebracht hatte, erfährt er von Jesus dafür eine Abfuhr, die ihn mit ‚Satan‘ auf dieselbe Ebene stellt und er, der ‚Fels‘ (griechisch: petra = Petrus) in der Brandung der Jesus-Bewegung, zum ‚Ärgernis‘ wird (vgl. Vers 23).
Dabei sind es doch genauso auch meine (Über)Lebensgedanken, die besonders immer dann präsent sind, wenn Sterben und Tod eines Menschen, der einem/er ganz nahestand, sich jähren (+ 4. Sept. Klaus Kugler).
Was ist da so verwerflich? Zumindest wird bedenklich, wenn sich die ganze Existenz irgendwann nur noch um die Frage der Lebensverlängerung kreist, die Fixierung auf die Diesseitigkeit alles verdrängt und eine Ich-Bezogenheit zu Tage bringt, die alles in den Schatten stellt. Dann wird nicht bedacht, dass Lebenszeit weder käuflich ist, noch, wenn die Lebensuhr abgelaufen ist, wie sozialverträglich ein ungehemmter Lebenswille überhaupt ist und ob Leben nicht mehr ist, als nur noch ein Kampf ums ‚Da-sein‘. Über all die Beschäftigung mit diesen Themen scheint dann ein ‚Leben nach dem Tod‘ als mögliche Option in immer weitere Ferne zu rücken, was letztendlich Jesus hier so ausfallend hat werden lassen.
Um dieser Frage auszuweichen, entwickeln wir schon möglichst früh Überlebensstrategien, indem wir uns fragen, wie sich das Maß an Leben, was ich jetzt schon habe, noch steigern lässt, gegebenenfalls ich an Qualität dazukaufen kann.
Eklatant wurde das zu Corona-Zeiten, wo uns die Pandemie im wahrsten Sinne des Wortes ‚festsetzte‘ und wir augenblicklich konfrontiert waren mit unserer eigenen, ganz zerbrechlichen Existenz. Selbst die Flucht ‚in die schönsten drei Wochen im Jahr‘, die man(n)/frau sich ja nun schließlich verdient hat, waren weltweit blockiert. Damit waren wir auch diesen Inbegriff von konzentriert Lebenswertem, den ‚Urlaub‘, quitt und standen tatsächlich durch ein weltumspannendes Corona-Szenario wochenlang mittels Medien, Auge in Auge auf einer Höhe mit den Todesnachrichten aus dem Umfeld, tödlichen Krankheitsverläufen und Bildern von LKW- Ladungen mit Corona-Toten.
Hier könnte der Satz Jesu seinen tieferen Sinn erfahren, „Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selber, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach!“ (Vers. 24). Eben nicht gemeinhin so als für Kirche typisch, dass nur wer sich schwer belastet durchs Leben quält, dann erst die Früchte des ewigen Lebens im Himmel ernten darf, was bis heute ja nur glaubhaft, jedoch unbewiesen bleibt, sondern genau zur Entlastung im Hier und Jetzt führt. Denn schon dieses Leben erfährt bereits eine andere Qualität, wenn der Tod nicht ‚die‘ Rolle spielt, wir nicht mit einem Tunnelblick auf den Tod hin durchs Leben laufen und gar noch fest halten an Dingen, die allesamt vergänglich sind.
Nur wenn ich über meinen Lebenshorizont hinwegblicken kann, werde ich auch ein ‚weiteres‘ Leben zulassen können und brauche mir keine Angst zu machen, wenn „der Menschensohn mit seinen Engeln in der Hoheit seines Vaters kommt und jedem Menschen vergelten wird, wie es seine Taten verdienen!“ (Vers 27). Für den Propheten Jeremia in der Lesung, selbst in schwieriger Mission, scheint das aufgrund seines Bekenntnisses „Du hast mich betört, oh Herr, und ich ließ mich betören, du hast mich gepackt und überwältigt!“ (Vers 7) überhaupt keine Frage zu sein.
Zur Diskussion und für Rückmeldungen jan.opiela@web.de
Biblische Texte zum 22. Sonntag im Jahreskreis A‘ 2023
Evangelium: Matthäus 16, 21 – 27
Die erste Ankündigung von Leiden und Auferstehung Jesu
21 Von da an begann Jesus, seinen Jüngern zu erklären: Er müsse nach Jerusalem gehen und von den Ältesten und Hohepriestern und Schriftgelehrten vieles erleiden, er müsse getötet und am dritten Tag auferweckt werden. 22 Da nahm ihn Petrus beiseite und begann, ihn zurechtzuweisen, und sagte: Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen! 23 Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus: Tritt hinter mich, du Satan! Ein Ärgernis bist du mir, denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.
Nachfolge und Selbstverleugnung
24 Darauf sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. 25 Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden. 26 Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt? Um welchen Preis kann ein Mensch sein Leben zurückkaufen? 27 Der Menschensohn wird mit seinen Engeln in der Herrlichkeit seines Vaters kommen und dann wird er jedem nach seinen Taten vergelten.
Lesung: aus dem Buch Jeremia ( 20, 7 – 9 )
Fünfte Konfession des Propheten Jeremia
7 Du hast mich betört, o HERR, / und ich ließ mich betören; / du hast mich gepackt und überwältigt. Zum Gespött bin ich geworden den ganzen Tag, / ein jeder verhöhnt mich. 8 Ja, sooft ich rede, muss ich schreien, / Gewalt und Unterdrückung! muss ich rufen. Denn das Wort des HERRN bringt mir / den ganzen Tag nur Hohn und Spott. 9 Sagte ich aber: Ich will nicht mehr an ihn denken / und nicht mehr in seinem Namen sprechen!, so brannte in meinem Herzen ein Feuer, / eingeschlossen in meinen Gebeinen. Ich mühte mich, es auszuhalten, / vermochte es aber nicht.