

Jan Opiéla, kath. Seelsorger
für ‚Roma u. Sinti‘ im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz
und Präses der Katholischen Landvolkbewegung im Erzbistum Köln
zur Lesung Exodus 3, 1-8. 13-15 und zum Evangelium, Lukas 13, 1-9 am III. Fastensonntag im Lesejahr C 2022, 20.03.2022
Tag für Tag, in allen nur erdenklichen Medien, versuchen ExpertInnen aus den verschiedensten Blickwinkeln das Un-begreifbare, -vorstellbare, -fassbare, das nicht Verstehbare an diesem ‚Krieg in Europa‘ mit ihren Erklärungsansätzen transparent zu machen, damit wir begreifen können.
Was mit hohem Aufwand und nicht enden wollenden Talkrunden nur vage gelingt, klappte im Alten Testament (Ex 3, 1-8. 13-15) in der Geschichte vom ‚Dornbusch‘ weitaus besser. Das was für die Menschen damals ihre Erfahrungen durchbrechen ließ, die Stimme ohne Person, die Flammen ohne Feuer und der Brand ohne Zerstörung, war schlicht weg ‚Zeichen Gottes‘; damit Erfassungsschema für Un – erklärliches, da wo menschliches Erfahrungswissen aussetzt.
Was im Positiven noch gut mit dem Göttlichen übereinkommt, gerät jedoch bei allem Negativen, wie Krieg, Terror, Pandemie und Erdbeben in die Schräglage. Folglich wurde das Erfassungsschema erweitert in dem bis heute noch sprichwörtlichen Sinne: „Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort … große erst nach neun Monaten“!
Demnach bediente Gott sich der ganz persönlichen Schuld, von Eltern oder weit entfernter Vorfahren, wird somit vom Menschen ins Absurde gesetzt, der sich damit letztendlich selbst in den Wahnsinn treibt.
So gibt es auch jetzt nicht wenige evangelikale Gruppen und fundamental christliche Gemeinschaften, die auf gepackten Koffern sitzen und aufgrund der sich aneinanderreihenden Schreckensereignisse das Ende der Welt und das Gericht Gottes erwarten, in dem sie, als die ‚wahren Auserwählten‘, selbstverständlich bestehen werden.
Deshalb stellt der Evangelist Lukas (Lk 13, 1-9) in seinem Text wahllose Konstrukte des Grauens (s. Verse 1 u. 4) zusammen, die weder zeitlich noch geographisch recht zusammenpassen wollen, um uns nur zu verdeutlichen, wie absurd unsere – teils bis heute noch im Stillen gehegten – Erklärung-sansätze sind.
Die wissenschaftliche Theologie hingegen hakt dieses Denkkonstrukt schlicht als ‚Tun-Ergehen-Zusammenhang‘ ab, womit sie das Phänomen wohl treffend erfasst, den Gläubigen mit dem Un-fassbaren jedoch weitgehend alleine lässt.
Vielleicht ist jetzt die ‚Weinberg-Geschichte‘ (Verse 6-9) aus dem Evangelium und der da beschriebene lange Atem Gottes hilfreich. Denn danach bewirkt nicht Gott, sondern sind es eher wir, die mit unserem Tun das Göttliche verwirken.
Mit Krieg und Terror explodiert förmlich, vielmehr implodiert, stürzt unser Gottesbild in einem einzigen Punkt, dem Lebensmittelpunkt, gleich einem zentralen Kreuzungspunkt zusammen und eröffnet so den Blick auf die Kreuzigung, die nun nicht mehr Geschichte ist, sondern sich mitten drinnen im Hier und Jetzt … Ukraine … aufs Grausamte ereignet. Ein Gott, der eben nicht leiden lässt, sondern leidet, der ohnmächtig die Flucht ergreift und in den Luftschutzkellern im Gebet zu stützen versucht.
In die weltweit sich verbreitende Rat- und Sprachlosigkeit hinein antwortet nun der ‚Weingärtner‘ (Verse 7-9) aus dem Evangelium mit dem Warten, das ein Verzeihen können beinhaltet ohne die eigene Enttäuschung zum Handlungsmaßstab werden zu lassen; mit dem Aufgraben von inneren Verkrustungen, bis hin zu den Wurzeln, um Ursachenforschung betreiben zu können und eben nicht aufgrund vorschneller Urteile zu handeln; mit dem Düngen, einem sich positiven Eingeben im Dialog, so dass ein Transfer von Lebenswertem in Gang kommt.
Über allem steht jedoch programmatisch der Apell ‚Wenn ihr euch nicht bekehrt‘, euch dazu nicht aufmacht, dann werdet ihr alle ‚genauso umkommen‘ (s. Verse 3 u. 5). Dann wird es uns alle zu-sammen ‚umhauen‘, wie den fruchtlos gebliebenen Baum (vgl. Vers 9).
für Rückmeldungen und Diskussion jan.opiela@web.de
Biblische Texte zum III. Fastensonntag im Lesejahr C 2022
Lesung: Exodus 3, 1-8. 13-15
Moses Berufung
1 Mose weidete die Schafe und Ziegen seines Schwiegervaters Jitro, des Priesters von Midian. Eines Tages trieb er das Vieh über die Steppe hinaus und kam zum Gottesberg Horeb. 2 Dort erschien ihm der Engel des HERRN in einer Feuerflamme mitten aus dem Dornbusch. Er schaute hin: Der Dornbusch brannte im Feuer, aber der Dornbusch wurde nicht verzehrt. 3 Mose sagte: Ich will dorthin gehen und mir die außergewöhnliche Erscheinung ansehen. Warum verbrennt denn der Dornbusch nicht? 4 Als der HERR sah, dass Mose näher kam, um sich das anzusehen, rief Gott ihm mitten aus dem Dornbusch zu: Mose, Mose! Er antwortete: Hier bin ich. 5 Er sagte: Komm nicht näher heran! Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden. 6 Dann fuhr er fort: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Da verhüllte Mose sein Gesicht; denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen. 7 Der HERR sprach: Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen und ihre laute Klage über ihre Antreiber habe ich gehört. Ich kenne sein Leid. 8 Ich bin herabgestiegen, um es der Hand der Ägypter zu entreißen und aus jenem Land hinaufzuführen in ein schönes, weites Land, in ein Land, in dem Milch und Honig fließen, in das Gebiet der Kanaaniter, Hetiter, Amoriter, Perisiter, Hiwiter und Jebusiter. 9 Jetzt ist die laute Klage der Israeliten zu mir gedrungen und ich habe auch gesehen, wie die Ägypter sie unterdrücken. 10 Und jetzt geh! Ich sende dich zum Pharao. Führe mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten heraus! 11 Mose antwortete Gott: Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehen und die Israeliten aus Ägypten herausführen könnte? 12 Er aber sagte: Ich bin mit dir; ich habe dich gesandt und als Zeichen dafür soll dir dienen: Wenn du das Volk aus Ägypten herausgeführt hast, werdet ihr Gott an diesem Berg dienen. 13 Da sagte Mose zu Gott: Gut, ich werde also zu den Israeliten kommen und ihnen sagen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt. Da werden sie mich fragen: Wie heißt er? Was soll ich ihnen sagen? 14 Da antwortete Gott dem Mose: Ich bin, der ich bin. Und er fuhr fort: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der Ich-bin hat mich zu euch gesandt.[1] 15 Weiter sprach Gott zu Mose: So sag zu den Israeliten: Der HERR, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name für immer und so wird man mich anrufen von Geschlecht zu Geschlecht. 16 Geh, versammle die Ältesten Israels und sag ihnen: Der HERR, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, ist mir erschienen und hat mir gesagt: Ich habe sorgsam auf euch geachtet und habe gesehen, was man euch in Ägypten antut. 17 Da habe ich gesagt: Ich will euch aus dem Elend Ägyptens hinaufführen in das Land der Kanaaniter, Hetiter, Amoriter, Perisiter, Hiwiter und Jebusiter, in ein Land, in dem Milch und Honig fließen. 18 Wenn sie auf dich hören, so geh mit den Ältesten Israels zum König von Ägypten; sagt ihm: Der HERR, der Gott der Hebräer, ist uns begegnet. Und jetzt wollen wir drei Tagesmärsche weit in die Wüste ziehen und dem HERRN, unserem Gott, Schlachtopfer darbringen. 19 Ich weiß, dass euch der König von Ägypten nicht ziehen lässt, es sei denn, er würde von starker Hand dazu gezwungen. 20 Erst wenn ich meine Hand ausstrecke und Ägypten niederschlage mit allen meinen Wundern, die ich in seiner Mitte vollbringe, wird er euch ziehen lassen. 21 Dann werde ich diesem Volk Gunst in den Augen der Ägypter verschaffen, und wenn ihr wegzieht, werdet ihr nicht mit leeren Händen gehen. 22 Jede Frau mag von ihrer Nachbarin oder Hausgenossin silberne und goldene Geräte und Kleider erbitten. Legt sie euren Söhnen und Töchtern an und plündert so die Ägypter aus!
Evangelium: Lukas 13, 1-91 Zur gleichen Zeit kamen einige Leute und berichteten Jesus von den Galiläern, deren Blut Pilatus mit dem ihrer Opfertiere vermischt hatte. 2 Und er antwortete ihnen: Meint ihr, dass diese Galiläer größere Sünder waren als alle anderen Galiläer, weil das mit ihnen geschehen ist? 3 Nein, sage ich euch, vielmehr werdet ihr alle genauso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt. 4 Oder jene achtzehn Menschen, die beim Einsturz des Turms am Schiloach erschlagen wurden – meint ihr, dass sie größere Schuld auf sich geladen hatten als alle anderen Einwohner von Jerusalem? 5 Nein, sage ich euch, vielmehr werdet ihr alle ebenso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt. 6 Und er erzählte ihnen dieses Gleichnis: Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum gepflanzt; und als er kam und nachsah, ob er Früchte trug, fand er keine. 7 Da sagte er zu seinem Winzer: Siehe, jetzt komme ich schon drei Jahre und sehe nach, ob dieser Feigenbaum Früchte trägt, und finde nichts. Hau ihn um! Was soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen? 8 Der Winzer erwiderte: Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen. 9 Vielleicht trägt er in Zukunft Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen