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Bild von Siggy Nowak auf Pixabay

Jan Opiéla, kath. Seelsorger
für ‚Roma u. Sinti‘ im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz
und Präses der Katholischen Landvolkbewegung im Erzbistum Köln
Sonntags-Ge-danken – 4. Sonntag der Osterzeit A‘2023 Lesung: Apostelgeschichte 2, 14a. 36 – 41 und Evangelium: Johannes 10, 1 – 10, 30,05.2023
Schön kitschig das Bild, was uns Johannes in seinem Evangelium so beschreibt, besonders wenn es dann gemalt als großes Querformat vormals im Schlafzimmer der Großeltern gehangen hat und nun unter unsäglichem Krempel bei den Antiquitätenhändlern, wie hier in Prag -wo ich gerade an einer internationalen Konferenz zur Seelsorge mit Roma teilgenommen habe- an jeder Ecke zu finden ist.
Da sitzt der weiß gekleidete, jung und gut aussehende Hirte mit Hirtenstab und schaut mit wachend gütigem Blick über den mit Schafen bestandenen Wiesengrund, wo in weiter Ferne ein romantisches Kapellchen sichtbar wird und hier und da am Bildrand putzige, geflügelte ‚Endzeitwesen‘ (sozialistischer Sprachjargon für Engel) die Szene beobachten.
Ob diese Motive überhaupt ‚gelesen‘ und verstanden werden können, wo Kirche, wie hier in Prag, wenn sie sich ansehnlich füllen sollte, dann überhaupt noch mit Touristen, bleibt dahingestellt. Zumal sich in der Tschechischen Republik gerade mal 20% als christlich bezeichnen und 1% angibt, zu praktizieren. Da wird es vielen wie den Jüngern ergehen, die das bildhafte Gleichnis von Jesus wohl hörten, aber nicht den Sinn dessen, was er gesagt hatte, verstanden (vgl. Vers 6).
Auch auf dem Hintergrund der nicht abreißenden Enthüllungsmeldungen aus deutschen Bistümern erscheint das Bild dann nur noch als zynische Karikatur, zumal demnach nicht wenige Hirten den Schafstall als Selbstbedienungsladen für eigene Macht-Missbrauchs-Bedürfnisse angesehen haben unter Ausnutzung der persönlichen Nähe, besonders zu den kleinen, unbedarften Schäfchen. Von all dem verbrecherischen Tun, in ihrem ansonsten streng behüteten Stall, wollten oder wollen (Ober)Hirten bis heute nichts gewusst haben!
Im weitaus größeren Stil, eben als ‚Verfolgung‘, erfuhren das die Christengemeinden zur Zeit der Verfasser des Johannes Evangeliums (so zwischen 90 u. 100 n.Chr.) durch die staatstragenden jüdischen Autoritäten in den alles dominierenden Synagogen.
Durchhalteparolen, plakathaften Karikaturen gleich, waren also notwendig, welche auf dem dunklen Hintergrund der schändlichen Taten die Vorzüge der Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinde aufzeigten. Im Gegensatz zu den rücklings in den Schafstall eindringenden Dieben und Räubern, welche nur zum Stehlen, Schlachten und Vernichten gekommen sind, wird Jesus als der ‚gute Hirte‘ herausgestellt, der seine ‚Schafe‘ am ‚Stallgeruch‘ (Taufe!) erkennt und ganz vertrauensvoll beim Namen ins (Be)Freie(nde) herausruft.
Doch nur ein Blick auf die Apostelgeschichte als früheste Innenansicht von ‚Kirche‘ zeigt, dass auch da schon aus dem eigenen christlichen ‚System‘ heraus mit einer Drohkulisse freie Entscheidung beeinflusst wurde, wenn Petrus verkündigt, ‚Lasst euch retten aus dieser verdorbenen Generation!‘ (Vers 40) und auf Sünden hinweist, welche zu vergeben wären.
Wo ist nun in diesem Schafstall ‚Kirche‘ die (Erfahrungs-)Tür, durch die Menschen vertrauensvoll in den Glauben an die frohmachende Botschaft eines ‚auferstandenen‘ Jesus Christus ‚eintreten‘ können?
Diese Frage beantwortete auf der oben erwähnten C.C.I.T. (Comité Catholique International pour les Tsiganes) Konferenz der tschechische Mitorganisator Pater Martin Sedlon, als er auf seine eigene Glaubensgeschichte verwies, wonach er sich, ganz Kind einer kommunistischen Gesellschaft, erst mit 23 Jahren taufen ließ aufgrund der (Glaubens-) Erfahrungen, die er zusammen mit Freunden in Feriencamps bei Roma-Familien gemacht hatte.
Folglich ist unter ‚Tür‘ heute nicht das Kirchenportal zu verstehen oder gar die ‚Türhüter‘, kirchliche Autoritäten, welche den Zugang erfahrungsgemäß schon mal recht willkürlich regeln, sondern es sind Menschen, die ihren gelebten Glauben kommunizieren und Fragende und Suchende eintreten lassen in ihr Leben mit dann möglicherweise begreifbaren Auferstehungserfahrungen.
für Nachfragen und zur Diskussion jan.opiela@web.de
Biblische Texte zum 4. Sonntag der Osterzeit Lesejahr A‘2023
Die Pfingstpredigt des Petrus
14 Da trat Petrus auf, zusammen mit den Elf; er erhob seine Stimme und begann zu reden: Ihr Juden und alle Bewohner von Jerusalem! … 36 Mit Gewissheit erkenne also das ganze Haus Israel: Gott hat ihn zum Herrn und Christus gemacht, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt.
Erste Bekehrungen
37 Als sie das hörten, traf es sie mitten ins Herz und sie sagten zu Petrus und den übrigen Aposteln: Was sollen wir tun, Brüder? 38 Petrus antwortete ihnen: Kehrt um und jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung eurer Sünden; dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen. 39 Denn euch und euren Kindern gilt die Verheißung und all denen in der Ferne, die der Herr, unser Gott, herbeirufen wird. 40 Mit noch vielen anderen Worten beschwor und ermahnte er sie: Lasst euch retten aus diesem verdorbenen Geschlecht! 41 Die nun, die sein Wort annahmen, ließen sich taufen. An diesem Tag wurden ihrer Gemeinschaft etwa dreitausend Menschen hinzugefügt. 42 Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten.
Evangelium: Johannes 10, 1 – 10
Der gute Hirt
1 Amen, amen, ich sage euch: Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. 2 Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe. 3 Ihm öffnet der Türhüter und die Schafe hören auf seine Stimme; er ruft die Schafe, die ihm gehören, einzeln beim Namen und führt sie hinaus. 4 Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat, geht er ihnen voraus und die Schafe folgen ihm; denn sie kennen seine Stimme. 5 Einem Fremden aber werden sie nicht folgen, sondern sie werden vor ihm fliehen, weil sie die Stimme der Fremden nicht kennen. 6 Dieses Gleichnis erzählte ihnen Jesus; aber sie verstanden nicht den Sinn dessen, was er ihnen gesagt hatte. 7 Weiter sagte Jesus zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen. 8 Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben nicht auf sie gehört. 9 Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden. 10 Der Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten; ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben. 11 Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe. 12 Der bezahlte Knecht aber, der nicht Hirt ist und dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen, lässt die Schafe im Stich und flieht; und der Wolf reißt sie und zerstreut sie. Er flieht, 13 weil er nur ein bezahlter Knecht ist und ihm an den Schafen nichts liegt. 14 Ich bin der gute Hirt; ich kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, 15 wie mich der Vater kennt und ich den Vater kenne; und ich gebe mein Leben hin für die Schafe. 16 Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind; auch sie muss ich führen und sie werden auf meine Stimme hören; dann wird es nur eine Herde geben und einen Hirten. 17 Deshalb liebt mich der Vater, weil ich mein Leben hingebe, um es wieder zu nehmen. 18 Niemand entreißt es mir, sondern ich gebe es von mir aus hin. Ich habe Macht, es hinzugeben, und ich habe Macht, es wieder zu nehmen. Diesen Auftrag habe ich von meinem Vater empfangen. 19 Wegen dieser Worte kam es unter den Juden erneut zu einer Spaltung. 20 Viele von ihnen sagten: Er ist von einem Dämon besessen und redet im Wahn. Warum hört ihr ihm zu? 21 Andere sagten: So redet kein Besessener. Kann ein Dämon die Augen von Blinden öffnen?