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von Jan Opiéla, kath. Seelsorger
für ‚Roma u. Sinti‘ im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz
und Präses der Katholischen Landvolkbewegung im Erzbistum Köln
27. Sonntag im Jahreskreis B’2024 Lesungen: Buch Genesis 2, 18-24 und Evangelium: Markus 10, 2-16, 06.10.2024
Ganz außer Puste kam Mose mit den steinernen Gesetzestafeln am Fuß des Berges Sinai von der Begegnung mit Gott zurück, wo ihn nun die Israeliten erwartungsvoll, fragend anschauten. „Ich konnte IHN“, so Mose, „auf 10 Gebote runterhandeln, das 6. aber ist geblieben“!
So witzig der Einstieg auch gewählt sein mag, ist die Wirkungsgeschichte von ‚Du sollst die Ehe nicht brechen‘ durch die ganze Kirchengeschichte hindurch mehr als dramatisch und auf dem Hintergrund kirchlicher Gesetzgebung für geschieden Wiederverheiratete sogar als traumatisch zu bezeichnen. Nicht nur dass sich der Eindruck ergab, in der sogenannten ‚Ohrenbeichte‘ drehe sich nach peinlichsten Befragungen alles ausschließlich um Sexualität in der klassischen Geschlechteraufteilung, ganz gleich ob in der Ehe oder außerhalb, scheint auch heute ‚Kirche‘ sich noch unbedingt in diesen Lebensbereich, was das spezifische Frau- oder Mann-Sein betrifft, einmischen zu müssen.
Dahingehend auch die Äußerungen des Papstes bei seiner letzten Reise nach Belgien vor Studierenden und Lehrenden der Katholischen Universität Löwen: „Was für die Frau charakteristisch ist, was weiblich ist, wird nicht durch Konsens oder Ideologien festgelegt“, was nicht von der Hand zu weisen ist, doch fügte er in improvisierender Rede später hinzu, „Frau ist fruchtbares Empfangen, Sorge, lebendige Hingabe – deshalb ist die Frau wichtiger als der Mann“ dabei hatte er sich zuvor schon über die ‚Vermännlichung‘ der Frau als gänzlich zu Verabscheuendes ausgelassen. Ganz gleich, was ein jeder, eine jede an diesen Äußerungen nun bejahend oder ablehnend findet, in der konkreten kirchlichen Umsetzung schlägt sich die so hervorgehobene Stellung von ‚Frau‘ jedenfalls nicht nieder.
Dabei war mit Blick auf die Entstehungsgeschichte des Menschen in der älteren, jahwistischen Fassung*, wie sie uns in der Lesung vorgestellt wird, der ‚ungeteilte Mensch‘, sozusagen als Partner Gottes auf Erden, in die Verantwortung für seine Schöpfung gestellt, bis zu dem Moment, wo es um die Suche nach einem weiteren Wesen ging, für eine menschliche Kommunikation auf Augenhöhe.
Sicherlich bleibt ‚Frau‘ in ihrer Entstehung Teil des ‚einen‘ Geschöpfes Mensch, doch stößt jegliche Theologie an ihre Grenzen, wenn nun der Mensch sie, welche vom ‚Mann‘ genommen, dann auch noch durch ihn als ‚Frau‘ bezeichnet wird, genauso wie er zuvor alle Geschöpfe kategorisiert hat!
Von da an war natürlich einem Über- und Unterordnungsverhältnis durch alle Lebensbereiche Tür und Tor geöffnet, besonders wenn bis dato theologisch, als Gott gewollt, untermauert und im liturgischen Raum sichtbar manifestiert.
Diese Spur der fehlenden Gleichwertigkeit lässt sich bis in die jetzige Beratungsphase der Weltsynode in Rom verfolgen, wo bereits auch schon wieder die Frage nach dem Weiheamt für Frauen aus dem offiziellen Programm entnommen, an eine separate Kommission delegiert wurde.
Im Evangelium erinnert Jesus deshalb an den ursprünglich, Gott vorbehaltenen, nun dem Menschen übereigneten Schöpfungsakt, der in der sexuellen Vereinigung der Geschlechter das anfängliche Einssein in dem von Gott so gewollten Menschen deutlich macht und letztendlich im alltäglichen Miteinander von Frau und Mann an ihrer eigenen Hartherzigkeit immer wieder scheitert.
Indem Jesus nun seinen Leuten im häuslichen, vom Zeitgeist abgeschotteten kleinen Kreis, ein unbedingtes, ohne jegliche Ausnahme geltendes Trennungsverbot dieser göttlichen Einheit darlegt, scheint für uns Christen heute der dringlichste Auftrag darin zu bestehen, alles nur Erdenkliche für das Gelingen dieses Einssein in Bewegung zu setzen und dafür auch von tradierten Modellen des Zusammenlebens, sogar bis hin zur geschlechterfixierten Zuordnung in der Paarbeziehung abzusehen. Mit Blick Jesu auf das beispielhafte Verhalten von Kindern, bezogen auf ihre Unvoreingenommenheit, Arglosigkeit und Offenheit, eben ein sich vertrauensvolles Fallenlassen können, werden wir wohl ohne ein in ‚Eins-fallen‘ mit Gott nicht weiterkommen.
*viel geläufiger ist eher das 7 Tage-Schema der priesterschriftlichen Entstehungsgeschichte, wo Gott den Menschen als Mann und Frau erschafft, jedoch der Focus aus Eigeninteresse der Priesterschaft auf dem 7. Schöpfungstag, dem Sabbat als Ruhetag liegt.
für Rückmeldungen und zur Diskussion jan.opiela@web.de
Biblische Texte zum 27. Sonntag im Jahreskreis B‘ 2024
Lesung: aus dem Buch Genesis ( 2, 18 – 24 )
Der Mensch im Garten Eden
…
15 Gott, der HERR, nahm den Menschen und gab ihm seinen Wohnsitz im Garten von Eden, damit er ihn bearbeite und hüte. 16 Dann gebot Gott, der HERR, dem Menschen: Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen, 17 doch vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen; denn am Tag, da du davon isst, wirst du sterben. 18 Dann sprach Gott, der HERR: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm ebenbürtig ist. 19 Gott, der HERR, formte aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und führte sie dem Menschen zu, um zu sehen, wie er sie benennen würde. Und wie der Mensch jedes lebendige Wesen benannte, so sollte sein Name sein. 20 Der Mensch gab Namen allem Vieh, den Vögeln des Himmels und allen Tieren des Feldes. Aber eine Hilfe, die dem Menschen ebenbürtig war, fand er nicht. 21 Da ließ Gott, der HERR, einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, sodass er einschlief, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch. 22 Gott, der HERR, baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu. 23 Und der Mensch sprach: Das endlich ist Bein von meinem Bein / und Fleisch von meinem Fleisch. Frau soll sie genannt werden; / denn vom Mann ist sie genommen.[3] 24 Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und hängt seiner Frau an und sie werden ein Fleisch. 25 Beide, der Mensch und seine Frau, waren nackt, aber sie schämten sich nicht voreinander.
Evangelium: Markus 10, 2 – 16
Über die Ehe und Ehescheidung
2 Da kamen Pharisäer zu ihm und fragten: Ist es einem Mann erlaubt, seine Frau aus der Ehe zu entlassen? Damit wollten sie ihn versuchen. 3 Er antwortete ihnen: Was hat euch Mose vorgeschrieben? 4 Sie sagten: Mose hat gestattet, eine Scheidungsurkunde auszustellen und die Frau aus der Ehe zu entlassen. 5 Jesus entgegnete ihnen: Nur weil ihr so hartherzig seid, hat er euch dieses Gebot gegeben. 6 Am Anfang der Schöpfung aber hat Gott sie männlich und weiblich erschaffen. 7 Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen[1] 8 und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. 9 Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen. 10 Zu Hause befragten ihn die Jünger noch einmal darüber. 11 Er antwortete ihnen: Wer seine Frau aus der Ehe entlässt und eine andere heiratet, begeht ihr gegenüber Ehebruch. 12 Und wenn sie ihren Mann aus der Ehe entlässt und einen anderen heiratet, begeht sie Ehebruch.
Die Segnung der Kinder
13 Da brachte man Kinder zu ihm, damit er sie berühre. Die Jünger aber wiesen die Leute zurecht. 14 Als Jesus das sah, wurde er unwillig und sagte zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran! Denn solchen wie ihnen gehört das Reich Gottes. 15 Amen, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht so annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. 16 Und er nahm die Kinder in seine Arme; dann legte er ihnen die Hände auf und segnete sie.