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von Jan Opiéla, kath. Seelsorger
für ‚Roma u. Sinti‘ im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz
und Präses der Katholischen Landvolkbewegung im Erzbistum Köln
Sonntags-Ge-danken zum 4. Sonntag im Jahreskreis B‘ 2024 Lesung: erster Brief
an die Korinther 7, 32-35 und Evangelium: Markus 1, 21-28, 28.01.2024
Hier und da kann man sie noch entdecken, die reisenden Kasperle-Theater. Angekündigt werden sie meist mit einem klassischen Plakat, was es bereits schon in meinen Kindertagen gab, wo der Kasperl‘ mit der Patsche auf den Teufel, das ‚gehörnte Böse‘, einschlägt. Ob das bei der heutigen Kindergeneration noch so angesagt ist, bleibt dahingestellt, zumal Antiaggressionskurse, Streitschlichtung und auch eine unbedingte Offenheit gegenüber dem fremden Anderen integrative Bestandteile in der Kindergarten- und Grundschulpädagogik sind.
Wie wichtig hier eine genaue Differenzierung ist zwischen ‚anders‘, ‚fremd‘ und ‚böse‘ spiegelt sich bei uns augenblicklich im gesellschaftspolitischen Geschehen wider. Folglich ist die Kampagne #niewiederjetzt am Vorabend des Holocaust-Gedenktages (27. Jan 1945, Befreiung des KZ-Auschwitz durch die Rote Armee), mehr als notwendig!
Doch bringen uns diese Vorüberlegungen nur bedingt weiter mit Blick auf das Evangelium, wo Jesus dem ‚von einem unreinen Geist besessenen‘ Menschen begegnet (Vers 23). Nicht nur dass sich da dunkelste Abgründe in unserer Kirche auftun, was den Umgang mit ‚unrein‘, ‚besessen‘, ‚Teufel und Dämon‘ und nicht zuletzt den vielfältigsten Spielarten von ‚Sünde‘ angeht, sondern hier ein Mensch aus sich selbst heraus ‚unrein‘ und damit ‚abgestempelt‘ ist, was sich kaum mit einer göttlichen Schöpfungsordnung übereinbringen lässt. Folglich muss die Lebenswelt Jesu in den Blick genommen werden, wo sich hinter den Dämonen ungeklärte Mächte verbergen, wie etwa die Geister von den Menschen aus der babylonischen Turmbaugeschichte, die beim So-sein-wollen-wie-Gott mittels dem in den Himmel
ragenden Turm, umkamen oder die Seelen deren Körper fehlen, da sie am Vorabend des Sabbats geschaffen wurden und dann wegen der Sabbatruhe ihre Menschengestalt unvollendet geblieben ist.
Es sind also nicht vom Bösen verführte, sondern besessene im Sinne einer Belastung, die die Entfaltung ihres Menschseins förmlich ‚deckelt‘.
Dass Jesus dem ‚Besessenen‘ gerade in der Synagoge begegnet, mag Zufall sein, denn das Judentum in seiner damaligen Ausprägung hat mit einer Unmenge von Ge- und Verboten eher noch mehr belastet und zusätzlich eins ‚auf den Deckel gegeben‘! Es sei denn, dem Evangelist war daran gelegen, das Befreiende dieses mit Jesus aufgebrochenen neuen Verständnisses von Religion deutlich machen zu wollen, gleich einem Werbeblock für die Adressaten seines Evangeliums. Zumal die Bibelwissenschaften gerade in diesem Textausschnitt einen der ansonsten seltenen O-Töne Jesu entdeckt haben wollen.
Umso interessanter ist dann der Prozess, der in Gang kommt, wenn ein Mensch, wie hier, mit einer ganz neuen Lehre, die mit Vollmacht verkündet wird in Berührung kommt. Zunächst der Aufschrei, im Sinne eines Schutzes, um sich selbst nicht verändern zu müssen, von dem Gewohnten abzuweichen oder sich neidvoll und demzufolge innerlich bockig, aufgebracht, einzugestehen, dass es die jungen Generationen in Kirche nun viel einfacher haben. Dann zerrt es den Menschen hin und her und man wird hier nun förmlich gewahr, wie das Neue und das Alte im Inneren gegeneinander arbeitet. Bis schlussendlich mit dem lauten Geschrei ein Entscheidungs-Durchbruch markiert wird verbunden mit einem Aus- und Aufbruch. Alles Vorgänge die allenthalben immer wieder in der geistlichen Begleitung zu erleben sind oder im Gemeindeleben, dann jedoch mit großen Erosionen und so manchem ‚Kollateralschaden‘ an Menschen ‚die alles hinschmeißen‘, von Statten geht.
Bei dem Porzellan was da immer zu Bruch kommt, stellt sich unweigerlich die Frage, ob das denn nicht auch ‚softiger‘ gehen kann? Wenn wir tatsächlich den Weg Jesu einschlagen, dann steht am Ende das Kreuz, als der wohl größte Aufschrei und Bruch mit einem alles beherrschenden Gott.
für Rückmeldungen und zur Diskussion jan.opiela@web.de
Biblische Texte zum 4. Sonntag im Jahreskreis B‘ 2024
Lesung: aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Korinther (7, 32 – 35
Ehe und Ehelosigkeit in der bald vergehenden Welt
25 Was aber die Unverheirateten betrifft, so habe ich kein Gebot vom Herrn. Ich gebe euch nur einen Rat als einer, den der Herr durch sein Erbarmen vertrauenswürdig gemacht hat. 26 Ich meine, es ist gut wegen der bevorstehenden Not, ja, es ist gut für den Menschen, so zu sein. 27 Bist du an eine Frau gebunden, suche dich nicht zu lösen; bist du ohne Frau, dann suche keine! 28 Heiratest du aber, so sündigst du nicht; und heiratet eine Jungfrau, sündigt auch sie nicht. Freilich werden solche Leute Bedrängnis erfahren in ihrem irdischen Dasein; ich aber möchte sie euch ersparen. 29 Denn ich sage euch, Brüder: Die Zeit ist kurz. Daher soll, wer eine Frau hat, sich in Zukunft so verhalten, als habe er keine, 30 wer weint, als weine er nicht, wer sich freut, als freue er sich nicht, wer kauft, als würde er nicht Eigentümer, 31 wer sich die Welt zunutze macht, als nutze er sie nicht; denn die Gestalt dieser Welt vergeht. 32 Ich wünschte aber, ihr wäret ohne Sorgen. Der Unverheiratete sorgt sich um die Sache des Herrn; er will dem Herrn gefallen. 33 Der Verheiratete sorgt sich um die Dinge der Welt; er will seiner Frau gefallen. 34 So ist er geteilt. Die unverheiratete Frau aber und die Jungfrau sorgen sich um die Sache des Herrn, um heilig zu sein an Leib und Geist. Die Verheiratete sorgt sich um die Dinge der Welt; sie will ihrem Mann gefallen. 35 Dies sage ich zu eurem Nutzen: nicht um euch eine Fessel anzulegen, vielmehr, damit ihr euch in rechter Weise und ungestört immer an den Herrn haltet. 36 Wer sich gegenüber seiner Verlobten ungehörig zu verhalten glaubt, wenn sie herangereift ist und es so geschehen soll, der soll tun, wozu es ihn drängt, nämlich heiraten, er sündigt nicht. 37 Wer aber in seinem Herzen festbleibt, weil er sich in der Gewalt hat und seinem Trieb nicht ausgeliefert ist, wer also in seinem Herzen entschlossen ist, seine Verlobte unberührt zu lassen, der handelt gut. 38 Wer seine Verlobte heiratet, handelt also gut; doch wer sie nicht heiratet, handelt besser.
Evangelium: Markus 1, 21 – 28
Die neue Lehre in der Synagoge
21 Sie kamen nach Kafarnaum. Am folgenden Sabbat ging er in die Synagoge und lehrte. 22 Und die Menschen waren voll Staunen über seine Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten. 23 In ihrer Synagoge war ein Mensch, der von einem unreinen Geist besessen war. Der begann zu schreien: 24 Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazareth? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes. 25 Da drohte ihm Jesus: Schweig und verlass ihn! 26 Der unreine Geist zerrte den Mann hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei. 27 Da erschraken alle und einer fragte den andern: Was ist das? Eine neue Lehre mit Vollmacht: Sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl. 28 Und sein Ruf verbreitete sich rasch im ganzen Gebiet von Galiläa.