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von Jan Opiéla, kath. Seelsorger
für ‚Roma u. Sinti‘ im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz
und Präses der Katholischen Landvolkbewegung im Erzbistum Köln
Sonntags-Ge-danken zum 31. Sonntag im Jahreskreis A‘2023 Lesung: aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Thessalónicher (2, 7b13 – 9) und Evangelium: Matthäus 23, 1 – 12, 05.11.2023
Zum Glück ist unter Papst Benedikt XVI., nachdem ihm zu Beginn seines Pontifikates Traditionalismus und eine rückwärtsgewandte Theologie nachgesagt wurde, von ihm selbst postuliert worden, dass die ‚Historisch-kritische-Methode‘ in der Bibelauslegung fester Bestand der Katholischen Kirche sei und es ein ‚dahinter zurück‘ nicht mehr gebe.
Das heißt, dass der Schrifttext immer erst im zeitlichen Kontext, wenn notwendig auch mit den verschiedensten sprachlichen Übersetzungsmöglichkeiten anzuschauen ist, bevor eine Umsetzung auf unsere kirchliche Situation erfolgt und sich ein Resümee für den Glauben eines jeden Christen ergibt. Langer Rede kurzer Sinn, das Evangelium von Matthäus nun wie eine Folie über die heutige kirchliche Situation legen zu wollen, um dann zu kritisieren was das Zeug hält, verbietet sich per se, obwohl es sich vordergründig anbieten würde!
Vielmehr scheint Matthäus am Beginn eines ‚Werden von Kirche‘ so eine Art Zielsatz für seine Leute formulieren und begründen zu wollen, derart, dass es ihm bei dem Charakter seiner Gemeinden um ein geschwisterliches Miteinander gehen soll, geeint mit Jesus und allein Gott unterstehend. Pate für diesen Ansatz steht die religions-politische Entwicklung um das Jahr 80 n.Chr. und der Autoritätskonflikt in dem sich die Christen befinden.
Zum einen war ein Synagogenverbot (entweder ganz jüdisch in Synagoge und Bethaus oder in der christlichen ‚Hausgemeinde‘) für die Judenchristen von den religiösen Autoritäten ausgesprochen worden, zum anderen jedoch waren die Schriftgelehrten und Pharisäer die legitimierten Nachfolger Mose. Was in besonderem Maße deutlich wird, wenn Matthäus derart widersprüchlich formuliert, ‚Tut und befolgt also alles, was sie sagen, aber richtet euch nicht nach dem, was sie tun; denn sie reden nur, tun selbst aber nicht was sie sagen.‘ (Vers 3). So werden hier Quasten und Gebetsriemen, die äußeren Glaubenszeichen und Gebetshilfen zum inhaltlichen Mittelpunkt und verkommt die vormals unterweisende Lehrtätigkeit zum Mittel der eigenen Reputation. In dieser Umkehrung verabschiedet sich der ursprüngliche Glaubensinhalt nach und nach ganz.
Mit den folgenden Kontrastierungen (vgl. Verse 8-10) wird von Matthäus die Richtung im Umgang mit Autoritäten in seinen Gemeinden aufgezeigt und besonders – für nicht Eingeweihte wie verschlüsselt – auf die Kernbotschaft Jesu hingewiesen. Indem Matthäus sein Evangelium einleitet mit ‚Jesus wandte sich an das Volk und die Jünger‘ (Vers 1), macht er eine Anspielung auf das 5. Kapitel seines Evangeliums, wo er mit der gleichen Wortkombination die Seligpreisungen der Bergpredigt eröffnet, wohl unumstritten der O-Ton Jesu, das Manifest für uns in der Christusnachfolge.
In den `80ern ergab sich nun für die Gemeindetheologie aus der Art des anderen Umgangs miteinander und den radikalen Forderungen Jesu das Schlagwort einer ‚Kirche als Kontrastgesellschaft‘! … es ist schon recht lange her, doch scheint die sich bedingende Kombination von innerkirchlichem Umgang untereinander und dem Forderungskatalog der Bergpredigt an Sprengkraft nichts verloren zu haben, falls man(n)/frau den recht spärlichen Berichten von der Weltsynode in Rom Glauben schenken darf.
Damals war Kirche gesellschaftlich noch so präsent, dass selbst Kabarettisten und Liedermacher das Thema ‚Gott & Kirche‘ noch im Blick hatten, wie bei Herman van Veen recht hintergründig mit, eine ‚Kleine Geschichte von Gott‘. Top aktuell und auch auf dem Hintergrund des Evangeliums immer noch nach-denkens-wert.
für Rückmeldungen und zur Diskussion jan.opiela@web.de
Biblische Texte zum 31. Sonntag im Jahreskreis A‘ 2023
Lesung: aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Thessalonicher (2, 7b – 9. 13)
SELBSTEMPFEHLUNG
1 Ihr wisst selbst, Brüder und Schwestern, dass wir nicht vergebens zu euch gekommen sind. 2 Wir hatten vorher in Philippi viel zu leiden und wurden misshandelt, wie ihr wisst; dennoch haben wir im Vertrauen auf unseren Gott das Evangelium Gottes trotz harter Kämpfe freimütig bei euch verkündet. 3 Denn wir predigen nicht, um euch irrezuführen und nicht in unlauterer oder betrügerischer Absicht, 4 sondern wir tun es, weil Gott uns geprüft und uns das Evangelium anvertraut hat, nicht also um den Menschen, sondern um Gott zu gefallen, der unsere Herzen prüft. 5 Nie haben wir mit unseren Worten zu schmeicheln versucht, das wisst ihr, und nie haben wir aus versteckter Habgier gehandelt, dafür ist Gott Zeuge. 6 Wir haben auch keine Ehre bei den Menschen gesucht, weder bei euch noch bei anderen, 7 obwohl wir als Apostel Christi unser Ansehen hätten geltend machen können. Im Gegenteil, wir sind euch freundlich begegnet: Wie eine Mutter für ihre Kinder sorgt,[1] 8 so waren wir euch zugetan und wollten euch nicht nur am Evangelium Gottes teilhaben lassen, sondern auch an unserem Leben; denn ihr wart uns sehr lieb geworden. 9 Ihr erinnert euch, Brüder und Schwestern, wie wir uns gemüht und geplagt haben. Bei Tag und Nacht haben wir gearbeitet, um keinem von euch zur Last zu fallen, und haben euch so das Evangelium Gottes verkündet. 10 Ihr seid Zeugen und auch Gott ist Zeuge, wie gottgefällig, gerecht und untadelig wir uns euch, den Glaubenden, gegenüber verhalten haben. 11 Ihr wisst auch, dass wir, wie ein Vater seine Kinder, jeden Einzelnen von euch 12 ermahnt, ermutigt und beschworen haben zu leben, wie es Gottes würdig ist, der euch zu seinem Reich und zu seiner Herrlichkeit beruft.
BESUCHSWUNSCH UND BOTENSENDUNG
Bedrohtes Glaubensleben
13 Darum danken wir Gott unablässig dafür, dass ihr das Wort Gottes, das ihr durch unsere Verkündigung empfangen habt, nicht als Menschenwort, sondern – was es in Wahrheit ist – als Gottes Wort angenommen habt; und jetzt ist es in euch, den Glaubenden, wirksam. 14 Denn, Brüder und Schwestern, ihr seid dem Beispiel der Gemeinden Gottes in Judäa gefolgt, die in Christus Jesus sind. Ihr habt von euren Mitbürgern das Gleiche erlitten wie jene von den Juden. 15 Diese haben Jesus, den Herrn, und die Propheten getötet; auch uns haben sie verfolgt. Sie missfallen Gott und sind Feinde aller Menschen;[2] 16 sie hindern uns daran, den Heiden das Evangelium zu verkünden und ihnen so das Heil zu bringen. Dadurch machen sie unablässig das Maß ihrer Sünden voll. Aber der ganze Zorn ist schon über sie gekommen.
Evangelium: Matthäus 23, 1 – 12
Die Wehe-Rufe gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer
1 Darauf sprach Jesus zum Volk und zu seinen Jüngern 2 und sagte: Auf dem Stuhl des Moses sitzen die Schriftgelehrten und die Pharisäer. 3 Tut und befolgt also alles, was sie euch sagen, aber richtet euch nicht nach ihren Taten; denn sie reden nur, tun es aber nicht. 4 Sie schnüren schwere und unerträgliche Lasten zusammen und legen sie den Menschen auf die Schultern, selber aber wollen sie keinen Finger rühren, um die Lasten zu bewegen. 5 Alles, was sie tun, tun sie, um von den Menschen gesehen zu werden: Sie machen ihre Gebetsriemen breit und die Quasten an ihren Gewändern lang, 6 sie lieben den Ehrenplatz bei den Gastmählern und die Ehrensitze in den Synagogen 7 und wenn man sie auf den Marktplätzen grüßt und die Leute sie Rabbi nennen. 8 Ihr aber sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn nur einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder. 9 Auch sollt ihr niemanden auf Erden euren Vater nennen; denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel. 10 Auch sollt ihr euch nicht Lehrer nennen lassen; denn nur einer ist euer Lehrer, Christus. 11 Der Größte von euch soll euer Diener sein. 12 Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden. 13-14 Weh euch, ihr Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr verschließt den Menschen das Himmelreich.