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Foto: Rincevent, Pinterest
Jan Opiéla, kath. Seelsorger
für ‚Roma u. Sinti‘ im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz
und Präses der Katholischen Landvolkbewegung im Erzbistum Köln
20. Sonntag im Jahreskreis B’2024 Evangelium: Johannes 6, 51 – 58, 18.08.2024
In der Tat ist mit einem oberflächlichen Blick auf das Evangelium in den Zeiten der frühen Christenverfolgung unseren Glaubensschwestern und Brüdern schon einmal nachgesagt worden, dass sie bei ihren rituellen Mahlfeiern Fleisch und Blut von Kleinstkindern zu sich nähmen. Heute, bei der medialen Aufrüstung unserer Kinderzimmer, stellt sich also schon die Frage, ob wir mit unseren altbackenen ‚Kommunion Geschichten‘ (s. unten) überhaupt noch ankommen gegen all das Blut strotzende, Dracula und die Welt der Vampire. Besitzen wir zudem bei zunehmender Übervisualisierung überhaupt noch die Fähigkeit zur Abstraktion und bekommen dann zusätzlich die theologische Rolle rückwärts hin, in eine glaubensmäßig zu vollziehende Realpräsents Christi, wenn uns die ‚verwandelte‘ Hostie gezeigt und zum Verzehr gereicht wird?
Falls z.B. eine solch kleine, konsekrierte Hostie auf den Stufen vor dem Kirchenportal verloren ging, würde sie höchstwahrscheinlich unbemerkt untergehen und hätte erst recht keine Chance für eine ungeteilte Aufmerksamkeit gegenüber den mit unzähligen Brotsorten bestückten Backshops und Backautomaten.
Wo nimmt diese kleine, einer Backoblate gleichenden Brotscheibe nur die Größe her, wenn sie im Gottesdienst Verwendung findet und das eucharistische Mahl lehrbuchmäßig zum Höhe- und Mittelpunkt unserer Glaubensvollzüge werden lässt?
Da könnte dann vielleicht doch die in abgeänderter Form selbst erlebte ‚Kommunion-Geschichte‘ weiterhelfen. Wir, meine Kollege Klaus und ich in einem vollbepackten Land-Rover auf der Rückfahrt von einer Pilgeretappe nach Santiago de Compostela. Da scheppert es ganz kräftig und kommen von nun an ausschließlich im Schnecken-Tempo weiter, gelangen aber so, abseits der Autobahn im französisch-belgischen Grenzgebiet in ein Gott-verlassenes Nest, bei Nieselregen im Kalten am späten Samstagnachmittag. Stundenlange Zwangspause bis der ‚gelbe Engel‘ – letztendlich aus Kostengründen – dann doch aus Deutschland kommen sollte, um uns Huckepack zu nehmen. Ein kleiner Bäckerladen mit angeschlossener Backstube wird für uns zum Zufluchtsort, wo wir die letzten Kunden sind. Unser Drama ist mit Händen und Füßen schnell geschildert
… wir werden vom Meister selber eingeladen, auf Mehlsäcken in der warmen Backstube Platz zu nehmen und dann kommt es, das warme Brot, was wir zusammen teilen und uns für geraume Zeit mit den entsprechenden Bierflaschen zu einer Erzählgemeinschaft werden lässt, die unseren ‚Stress‘ vergessen macht.
Ich kann heute noch diese Situation, welche schon über 20 Jahre her ist erinnern, sogar vom Geschmack und erst recht vom Riechen des frischen Brotes her. Dementsprechend wären unsere ‚Kommunion- Geschichten‘ nicht so von der Hand zu weisen, besonders dann, wenn sie einen realen Bezug bekämen.
In Anlehnung daran sind unsere Hostien gleichsam ‚aufgeladen‘, mit der Communio, dem Teilen und der Kommunion, dem Handlungsauftrag für das ‚Brot für die Welt‘ und allem grundgelegt ist die Botschaft vom Abendmahl und von der Emmaus-Geschichte, welche nahtlos übergeht in die eigene religiöse Grunderfahrung. Demnach beinhaltet das kleine Stückchen Brot etwas, was ohne den Menschen nicht geht aber sich auch nicht allein durch den Menschen ereignet. Damit ist es nicht nur Sache, sondern fällt mit einem über sich hinausdeutenden Sinn zusammen (gr. synballein) und wird so zum Symbol.
Wäre es uns so gelungen, Gott ins Symbol zu zwängen?
Das könnte dann der Fall sein, wenn wir Gott außerhalb von Welt sehen. Dann ist das Sakrament Brücke zum Menschen und Aktualisierung dessen, was sich in grauer Vorzeit ereignet hat. Aber wenn Gott für uns in der Schöpfung real präsent ist, eben nicht als ein statisches Gegenüber, sondern in seinem dynamischen Willen zur Liebe, dann wäre seine Zwangsverortung nicht der Fall.
Das heißt, nicht Gott bedarf der Intensivierung und Aktualisierung seiner Gegenwart durch das Sakrament, sondern wir Menschen dürfen darin die Öffnung der Schranken erfahren, die wir uns der Gegenwart Gottes gegenüber selber errichtet haben.
Für Rückmeldungen und Diskussion: jan.opiela@web.de
Biblische Texte zum 20. Sonntag im Jahreskreis B‘2024
Kommuniongeschichte
An der Jakobstrasse in Paris liegt eine Bäckerei, da kaufen viele hundert Menschen ihr Brot. Der Besitzer ist ein guter Bäcker. Aber nicht nur deshalb kaufen die Leute des Viertels dort gerne. Noch mehr zieht sie der alte Bäcker an, der Vater des jungen Bäckers. Meistens ist er im Laden und verkauft. Er ist ein spaßiger Kerl und manche sagen, er hat einen Tick. Die meisten meinen, er ist weise und menschenfreundlich. Einige sagen sogar, er sei ein Prophet.
An einem frühen Morgen wurde die Ladentür aufgerissen, und ein großer Kerl stürzte herein. Er lief vor jemandem fort, was man sofort sah. Und da kam ihm der offene Bäckerladen gerade recht. Er stürzte also herein, schlug die Tür hinter sich zu und schob von innen den Riegel vor. „Was tun Sie da?“ fragte der alte Bäcker. „Die Kunden wollen zu mir herein, um Brot zu kaufen. Machen Sie die Tür sofort wieder auf.“ Der junge Mann war ganz außer Atem. Und da erschien vor dem Laden auch schon ein Mann wie ein Schwergewichtsboxer, in der Hand eine Eisenstange. Als er im Laden den jungen Kerl sah, wollte er auch hinein. Aber die Tür war verriegelt. „Er will mich erschlagen“, keuchte der junge Mann. „Wer? Der?“ fragte der Bäcker. „Mein Vater“ schrie der Junge, und zitterte am ganzen Leib. „Er will mich erschlagen. Er ist jähzornig. Er ist auf neunzig!“ „Das lass mich nur machen“, antwortete der alte Bäcker, ging zur Tür, schob den Riegel zurück und rief dem schweren Mann zu: „Guten Morgen, Gaston! Am frühen Morgen regst du dich schon so auf? Das ist ungesund. So kannst du nicht lange leben. Komm herein, Gaston. Aber benimm dich. Las den Jungen in Ruh! In meinem Laden wird kein Mensch umgebracht.“ Der Mann mit der Eisenstange trat ein. Seinen Sohn schaute er gar nicht an. Und er war viel zu erregt, um dem Bäcker antworten zu können. Er wischte sich mit der Hand über die feuchte Stirn und schloss die Augen. Da hörte er den Bäcker sagen: „Komm, Gaston, iss ein Stück Brot, das beruhigt. Und iss es zusammen mit deinem Sohn; das versöhnt. Ich will auch ein Stück Brot essen, um euch bei der Versöhnung zu helfen.“ Dabei gab er jedem ein Stück Weißbrot. Und Gaston nahm das Brot, auch sein Sohn nahm das Brot. Und als sie davon aßen, sahen sie einander an, und der alte Bäcker lächelte beiden zu. Als sie das Brot gegessen hatten, sagte Gaston: „Komm, Junge, wir müssen an die Arbeit“.
Evangelium: Johannes 6, 51 – 58
Die Rede über das Himmelsbrot in der Synagoge von Kafarnaum
…
51 Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt. 52 Da stritten sich die Juden und sagten: Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben? 53 Jesus sagte zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch. 54 Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tag. 55 Denn mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise und mein Blut ist wahrhaft ein Trank. 56 Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm. 57 Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und wie ich durch den Vater lebe, so wird jeder, der mich isst, durch mich leben. 58 Dies ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Es ist nicht wie das Brot, das die Väter gegessen haben, sie sind gestorben. Wer aber dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit. 59 Diese Worte sprach Jesus, als er in der Synagoge von Kafarnaum lehrte.