
Heilung Lazarus, Kathedrale Ntra. Sra. del Carmen, Costa Rica, Diözese Cartago, 215.008-001/19,
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Jan Opiéla, kath. Seelsorger
für ‚Roma u. Sinti‘ im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz
und Präses der Katholischen Landvolkbewegung im Erzbistum Köln
5. Fastensonntag im Jahreskreis A‘2023 (Passionssonntag) zum Evangelium nach Johannes 11, 1 – 45, 26.03.2023
Bei vielen kleinen Leuten geht es ohne ‚gute‘ Nacht-Geschichte am Ende des Tages überhaupt nicht. Das Erlebte muss gleich einem Ritual immer einen positiven Ausklang nehmen und nur dann ist ein Einschlafen möglich. Ganz anders verhält es sich für die Erwachsenen mit den Spätnachrichten, die immer mehr zur Zusammenschau eines weltweiten Grauens werden. Deshalb ist so manch Sender schon dazu übergegangen, zumindest eine positive Information zu bringen und bewusst als ‚gute Nachricht‘ hervorzuheben. Selbst Kirchengemeinden versuchen mit ihren wöchentlichen Pfarrnachrichten einen Gegenpol zu setzen und betiteln sie ebenfalls als ‚Gute Nachrichten‘. Letztendlich knüpft man damit an das Evangelium im Sonntagsgottesdienst an, was aus dem Griechischen übersetzt auch nichts anderes bedeutet, als ‚Gute Botschaft‘ und mit der Totenerweckung des Lazarus diesmal voll zutreffen könnte.
Doch geht es dem Johannes Schriftsteller mit seinem Evangelium nicht darum, einen möglichst sanften Übergang zu einem festen Kirchenschlaf über die Predigt hinweg zu erzeugen, sondern um Aufmerksamkeit für die göttliche Botschaft und den darin enthaltenen Auftrag an uns. Dass hier die Erzählung nur Mittel zum Zweck ist und über sich selbst hinausweist, wird an der drastisch überzogenen Darstellung deutlich, wonach Marta Jesus beim Öffnen des Grabes vorsorglich hinweist, ‚Herr, er riecht schon, denn es ist bereits der vierte Tag‘ (Vers 39).
Demnach dürfte der Focus eben nicht auf einer spektakulären Totenerweckung mit besonderem Schwierigkeitsgrad liegen, sondern darin, dass viele Juden, die zu Maria gekommen waren, aufgrund dieser zeichenhaften Tat Jesu, zum Glauben kamen (vgl. Vers 45). Denn Johannes schreibt seine Jesus-Geschichte so zwischen 80-90 n.Chr. auf dem Hintergrund der Fragen bereits etablierter Christen-Gemeinden mit dem Ziel, den Glauben weiter zu festigen und zu verbreiten. Damit ist seine Erzählung vom Leben Jesu und das Kreuzigungsgeschehen im Gegenlicht der im Glauben erfahrenen Auferstehung zu sehen. Johannes selbst spricht im Epilog, zum Schluss seines Evangeliums von Zeichen (Jesu), die er aufgeschrieben hat, damit die Menschen zum Glauben kommen. Mit der Totenerweckung wählt er also äußerst drastisch Zeichenhaftes, damit die Menschen gleichsam wie bei einem Stopp-Schild (Zeichen!) im Straßenverkehr unbedingt in ihrem alltäglichen ‚Gebrassel‘ zum Stillstand kommen und durch die anzunehmende Taufe Licht in das Dunkel ihres Lebens bringen, da sie ansonsten der ewigen Finsternis verfallen wären.
Überaus deutlich wird seine missionarische Absicht mit dem von ihm für den Toten programmatisch gewählten Namen, ‚Lazarus‘, was übersetzt heißt, ‚Der, dem Gott hilft‘! Doch zunehmend weniger Menschen lassen die Hilfe Gottes in ihrem oder dem Leben ihrer Kinder noch zu und verschwenden folglich kaum noch einen Gedanken an das Sakrament der Taufe oder lassen sich nicht mehr auf eine Diskussion über ein Für und Wider ein. Das heißt auch, dass sich das theologische Konstrukt des Johannes kaum mehr erschließt und in keiner Weise initiativ ist für die Taufspendung.
Hingegen könnte es noch als Hoffnungssignal für die bereits Getauften verstanden werden, wenn es am ‚Passionssonntag‘ (der Korpus am Kreuz wird verhüllt, da es jetzt ‚ernst‘ wir!) im Sinne einer Vorschau auf Ostern verlesen wird oder als Argumentationshilfe dient, um unreflektierten Wunderglauben und wundersame Heil-Mittel und Methoden für sich einordnen zu können. Falls wir unseren Glauben dann so trainiert hätten, könnten wir uns auf die Kartage einlassen und wären dann mit der eigenen Person selbst Zeichen, das zum Glauben herausfordert, wobei es jedoch gelingen muss, dass Erfahrene und Durchlebte an eigenem Leid nicht außen vor zu lassen.
für Rückmeldungen und Diskussion jan.opiela@web.de
Biblische Texte zum 5. Fastensonntag im Lesejahr A‘ 2023
Evangelium: Johannes 11, 1 – 45
JESUS AUF DEM WEG IN DIE PASSION
Die Auferweckung des Lazarus
1 Ein Mann war krank, Lazarus aus Betanien, dem Dorf der Maria und ihrer Schwester Marta. 2 Maria war jene, die den Herrn mit Öl gesalbt und seine Füße mit ihren Haaren abgetrocknet hatte; deren Bruder Lazarus war krank. 3 Daher sandten die Schwestern Jesus die Nachricht: Herr, sieh: Der, den du liebst, er ist krank. 4 Als Jesus das hörte, sagte er: Diese Krankheit führt nicht zum Tod, sondern dient der Verherrlichung Gottes. Durch sie soll der Sohn Gottes verherrlicht werden. 5 Jesus liebte aber Marta, ihre Schwester und Lazarus. 6 Als er hörte, dass Lazarus krank war, blieb er noch zwei Tage an dem Ort, wo er sich aufhielt. 7 Danach sagte er zu den Jüngern: Lasst uns wieder nach Judäa gehen. 8 Die Jünger sagten zu ihm: Rabbi, eben noch suchten dich die Juden zu steinigen und du gehst wieder dorthin? 9 Jesus antwortete: Hat der Tag nicht zwölf Stunden? Wenn jemand am Tag umhergeht, stößt er nicht an, weil er das Licht dieser Welt sieht; 10 wenn aber jemand in der Nacht umhergeht, stößt er an, weil das Licht nicht in ihm ist. 11 So sprach er. Dann sagte er zu ihnen: Lazarus, unser Freund, schläft; aber ich gehe hin, um ihn aufzuwecken. 12 Da sagten die Jünger zu ihm: Herr, wenn er schläft, dann wird er gesund werden. 13 Jesus hatte aber von seinem Tod gesprochen, während sie meinten, er spreche von dem gewöhnlichen Schlaf. 14 Darauf sagte ihnen Jesus unverhüllt: Lazarus ist gestorben. 15 Und ich freue mich für euch, dass ich nicht dort war; denn ich will, dass ihr glaubt. Doch wir wollen zu ihm gehen. 16 Da sagte Thomas, genannt Didymus, zu den anderen Jüngern: Lasst uns mit ihm gehen, um mit ihm zu sterben![1] 17 Als Jesus ankam, fand er Lazarus schon vier Tage im Grab liegen. 18 Betanien war nahe bei Jerusalem, etwa fünfzehn Stadien entfernt. 19 Viele Juden waren zu Marta und Maria gekommen, um sie wegen ihres Bruders zu trösten. 20 Als Marta hörte, dass Jesus komme, ging sie ihm entgegen, Maria aber blieb im Haus sitzen. 21 Marta sagte zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben. 22 Aber auch jetzt weiß ich: Alles, worum du Gott bittest, wird Gott dir geben. 23 Jesus sagte zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen. 24 Marta sagte zu ihm: Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am Jüngsten Tag. 25 Jesus sagte zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, 26 und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben. Glaubst du das? 27 Marta sagte zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll. 28 Nach diesen Worten ging sie weg, rief heimlich ihre Schwester Maria und sagte zu ihr: Der Meister ist da und lässt dich rufen. 29 Als Maria das hörte, stand sie sofort auf und ging zu ihm. 30 Denn Jesus war noch nicht in das Dorf gekommen; er war noch dort, wo ihn Marta getroffen hatte. 31 Die Juden, die bei Maria im Haus waren und sie trösteten, sahen, dass sie plötzlich aufstand und hinausging. Da folgten sie ihr, weil sie meinten, sie gehe zum Grab, um dort zu weinen. 32 Als Maria dorthin kam, wo Jesus war, und ihn sah, fiel sie ihm zu Füßen und sagte zu ihm: Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben. 33 Als Jesus sah, wie sie weinte und wie auch die Juden weinten, die mit ihr gekommen waren, war er im Innersten erregt und erschüttert. 34 Er sagte: Wo habt ihr ihn bestattet? Sie sagten zu ihm: Herr, komm und sieh! 35 Da weinte Jesus. 36 Die Juden sagten: Seht, wie lieb er ihn hatte! 37 Einige aber sagten: Wenn er dem Blinden die Augen geöffnet hat, hätte er dann nicht auch verhindern können, dass dieser hier starb? 38 Da wurde Jesus wiederum innerlich erregt und er ging zum Grab. Es war eine Höhle, die mit einem Stein verschlossen war. 39 Jesus sagte: Nehmt den Stein weg! Marta, die Schwester des Verstorbenen, sagte zu ihm: Herr, er riecht aber schon, denn es ist bereits der vierte Tag. 40 Jesus sagte zu ihr: Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen? 41 Da nahmen sie den Stein weg. Jesus aber erhob seine Augen und sprach: Vater, ich danke dir, dass du mich erhört hast. 42 Ich wusste, dass du mich immer erhörst; aber wegen der Menge, die um mich herumsteht, habe ich es gesagt, damit sie glauben, dass du mich gesandt hast. 43 Nachdem er dies gesagt hatte, rief er mit lauter Stimme: Lazarus, komm heraus! 44 Da kam der Verstorbene heraus; seine Füße und Hände waren mit Binden umwickelt und sein Gesicht war mit einem Schweißtuch verhüllt. Jesus sagte zu ihnen: Löst ihm die Binden und lasst ihn weggehen! 45 Viele der Juden, die zu Maria gekommen waren und gesehen hatten, was Jesus getan hatte, kamen zum Glauben an ihn. 46 Aber einige von ihnen gingen zu den Pharisäern und sagten ihnen, was er getan hatte.