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Erzbistum Köln ©Hans Jeitner
Jan Opiéla, kath. Seelsorger
für ‚Roma u. Sinti‘ im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz
und Präses der Katholischen Landvolkbewegung im Erzbistum Köln
3. Fastensonntag im Jahreskreis B‘ 2024 Lesung: Exodus 20, 1 – 17 und Evangelium: Johannes 2, 13 – 25, 03.03.2024
Die Empfehlung der damaligen (wie auch heutigen) Kölner Oberbürgermeisterin, Henriette Reker, fortan auf eine ‚Armlänge Abstand‘ zum Nächsten zu achten als vorbeugende Sofortmaßnahme nach den massenhaften (kriminellen) sexuellen Übergriffigkeiten in der Silvesternacht 2015 vor dem Hauptbahnhof, ist an Peinlichkeit kaum noch zu überbieten, und auch durch die närrische ‚Aufarbeitung‘ in der darauffolgenden Karnevalssession nicht aus der Welt geschafft.
Wenn das so einfach ginge, dann hätte sich Mose nicht die Mühe machen müssen, oben auf der Spitze des Berges Sinai mit Gott zu beraten, wie es nun mit dem Zug der Israeliten ins gelobte Land weitergeht. Denn offensichtlich war die Fortsetzung des Marsches aufgrund von Grenzüberschreitungen auf wohl allen Gebieten des Lebens der Exulanten untereinander mächtig ins Stocken geraten. Was daraus zu ersehen ist, dass die zwischen Mose und Gott ausgehandelten ‚10 Gebote‘ für alles geschützte Räume festlegen, angefangen von der Unantastbarkeit der eignen Person, den Bereich der Ehe, das ‚Mein‘ und ‚Dein‘ in Bezug auf Besitz und Eigentum abgrenzen und selbst den Bereich Gottes mittels Ge- und Verbote für den Menschen festlegen.
Werden nun diese Grenzen verschoben oder durchbrochen, stellt sich ein Konflikt ein mit einer Spannweite von Krise bis Krieg, eine Entwicklung, die wir Tag für Tag in den Nachrichten aus der Ukraine und dem Gazastreifen vor Augen haben. Aber selbst bei diesem unbestreitbaren, tausendfachen Leid und Sterben, was wir in Bild und Ton gewahr werden können, wird in der Weltgemeinschaft darüber debattiert, wer nun welche Grenze zuerst überschritten hat, das Recht hatte, im Gegenzug mit entsprechenden Aktionen reagieren zu dürfen, jedoch mit der an den Tag gelegten Heftigkeit wiederum selbst verbotswidrige Grenzüberschreitungen vorgenommen hat.
Es baut sich ein nicht mehr zu durchdringender Wust auf, der an Heftigkeit zunimmt, da es durch die gesamte Menschheitsgeschichte hindurch immer schwieriger wird, sowohl die Grenzen wie auch die Überschreitungen klar und deutlich zu definieren, besonders heute, wo alles zunehmend komplexer vernetzt und differenzierter in der Betrachtungsweise ist.
So entspringt der im Evangelium von Jesus selbst handgreiflich ausgelöste Konflikt einer grundverschiedenen Form von Gottesbeziehung. Bei Jesus besteht sie aus einer direkten ‚Vater-Sohn‘- Beziehung ohne jegliche Umschweife und bei den Händlern im Tempel über eine kultische Verehrung, für deren Vollzug ihre Geschäfte unabdingbar waren.
Weiter stellt Jesus mit dem Ansinnen, den Tempel abreißen zu wollen, die, für die damalige jüdische Gesellschaft von höchster Wichtigkeit vorgenommene Verortung Gottes in der Mitte des Volkes in Frage, wobei für Jesus, ausgehend von seiner eigenen Person, Gott im menschlichen Wesen in eins fällt.
Indem der Evangelist Johannes (Abfassung seines Evangeliums zwischen 80 u. 100 n.Chr.) Jesus hier so agieren lässt, versucht er, seine Gemeinden noch einmal auf einen höchst persönlich zu verinnerlichenden Auferstehungsglauben einzuschwören, zumal bereits mit der Zerstörung des Tempels bis auf die Grund-(Klage)-Mauer im Jahre 70 n.Chr., Gott sich aller vermeintlichen, vom Menschen gesetzten Grenzen, entledigt hatte.
Der einzig wahre und unzerstörbare ‚Ort‘ Gottes bleibt demnach der Glaube, dem jedoch Jesus erst zu vertrauen scheint, wenn wir bereit sind, alle Grenzen und Mauern, zumindest in unseren Köpfen, zu durchbrechen und für alle Zeit einzureißen.
für Rückmeldungen und Diskussion jan.opiela@web.de
Biblische Texte zum 3. Fastensonntag im Jahreskreis B‘2024
Lesung: aus dem Buch Exodus (20, 1 – 17)
Die Zehn Gebote
1 Dann sprach Gott alle diese Worte: 2 Ich bin der HERR, dein Gott, der dich aus dem Land Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus. 3 Du sollst neben mir keine anderen Götter haben. 4 Du sollst dir kein Kultbild machen und keine Gestalt von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde. 5 Du sollst dich nicht vor ihnen niederwerfen und ihnen nicht dienen. Denn ich bin der HERR, dein Gott, ein eifersüchtiger Gott: Ich suche die Schuld der Väter an den Kindern heim, an der dritten und vierten Generation, bei denen, die mich hassen; 6 doch ich erweise Tausenden meine Huld bei denen, die mich lieben und meine Gebote bewahren. 7 Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der HERR lässt den nicht ungestraft, der seinen Namen missbraucht. 8 Gedenke des Sabbats: Halte ihn heilig! 9 Sechs Tage darfst du schaffen und all deine Arbeit tun. 10 Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem HERRN, deinem Gott, geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun: du und dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und deine Sklavin und dein Vieh und dein Fremder in deinen Toren. 11 Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel, Erde und Meer gemacht und alles, was dazugehört; am siebten Tag ruhte er. Darum hat der HERR den Sabbat gesegnet und ihn geheiligt. 12 Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der HERR, dein Gott, dir gibt! 13 Du sollst nicht töten. 14 Du sollst nicht die Ehe brechen. 15 Du sollst nicht stehlen. 16 Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen. 17 Du sollst nicht das Haus deines Nächsten begehren. Du sollst nicht die Frau deines Nächsten begehren, nicht seinen Sklaven oder seine Sklavin, sein Rind oder seinen Esel oder irgendetwas, das deinem Nächsten gehört.
Evangelium: Johannes 2, 13 – 25
Das erste Paschafest. Die Tempelreinigung
13 Das Paschafest der Juden war nahe und Jesus zog nach Jerusalem hinauf. 14 Im Tempel fand er die Verkäufer von Rindern, Schafen und Tauben und die Geldwechsler, die dort saßen. 15 Er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle aus dem Tempel hinaus samt den Schafen und Rindern; das Geld der Wechsler schüttete er aus, ihre Tische stieß er um [1] 16 und zu den Taubenhändlern sagte er: Schafft das hier weg, macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle! 17 Seine Jünger erinnerten sich, dass geschrieben steht: Der Eifer für dein Haus wird mich verzehren. 18 Da ergriffen die Juden das Wort und sagten zu ihm: Welches Zeichen lässt du uns sehen, dass du dies tun darfst?
19 Jesus antwortete ihnen: Reißt diesen Tempel nieder und in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten. 20 Da sagten die Juden: Sechsundvierzig Jahre wurde an diesem Tempel gebaut und du willst ihn in drei Tagen wieder aufrichten? 21 Er aber meinte den Tempel seines Leibes. 22 Als er von den Toten auferweckt war, erinnerten sich seine Jünger, dass er dies gesagt hatte, und sie glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesprochen hatte. 23 Während er zum Paschafest in Jerusalem war, kamen viele zum Glauben an seinen Namen, da sie die Zeichen sahen, die er tat. 24 Jesus selbst aber vertraute sich ihnen nicht an, denn er kannte sie alle 25 und brauchte von keinem ein Zeugnis über den Menschen; denn er wusste, was im Menschen war.