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Jan Opiéla, kath. Seelsorger
für ‚Roma u. Sinti‘ im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz
und Präses der Katholischen Landvolkbewegung im Erzbistum Köln
4. Sonntag im Jahreskreis C‘ 2025 Lesung: 1 Kor, 12, 11 – 13, 13 und Evangelium Lukas 4, 21 – 30, 02.02.2025
‚Auschwitz‘ das Synonym für immer noch kaum Beschreibbares, was Menschen einander massenhaft antun können, die ‚Hölle‘ auf Erden. Rund um den 80. Jahrestag der Befreiung des KZ‘ durch die ‚Rote Armee‘ am 27. Februar 1945 wurden uns, den nachfolgenden Generationen der Täter, die Bilder, teils noch durch hochbetagte Überlebende selbst, bei unzähligen Gedenkveranstaltungen wieder wachgerufen. … Flankiert von einer schon drei Jahre andauernden ‚Spezial Operation‘ der russischen Armee in der Ukraine, einem dem Erdboden gleich, platt gemachten Gazastreifen durch israelische Truppen und dem Balanceakt der deutschen Politik am rechts nationalen Abgrund in Sachen verschärfter Abschiebung von Migranten und Flüchtlingen! Wie Geschichtsvergessen ist das denn und passt das alles noch zusammen?
Da hinein ‚singt‘ uns nun der Apostel Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Korinth das ‚Hohe Lied der Liebe‘, was hier als möglicher Kontrapunkt gedacht, förmlich zu verglühen droht angesichts des alltäglichen Wahnsinns, der uns umgibt. Auch Paulus versuchte mit diesem, für ihn ungewöhnlichen, fast lyrischen Text die ‚Notbremse‘ zu ziehen nach Auseinandersetzungen und Streitereien in der Gemeinde über die Wertigkeit von verschiedenen Fähigkeiten und Gnaden-Begabungen. Mit dem Versuch alle Gemeindemitglieder als notwendig aufeinander bezogene Teile eines gemeinsamen Organismus in Jesus Christus zu vergleichen, war er wohl zuvor gescheitert. Denn dem Einfältigsten hätte womöglich die Diskrepanz, beispielweise zwischen Auge und Po, auffallen müssen!
Also machte er den genialen Griff mit der ‚Liebe‘, die alles erträgt, glaubt und hofft, zudem allem standhält (vg. Vers 7). Ein Text den wir alle in rosaroten Lebensmomenten, Hochzeiten, Partnerschaftsjubiläen oder in trauter Zweisamkeit nicht nur vernommen, sondern bisweilen auch zutiefst verspürt haben. Alle werden dem zustimmen, ausnahmslos alle, die bis hierhin (im Text) erwähnt wurden, denn Mensch für Mensch sind wir lebendige Zeichen dieser Liebe. Folgerichtig bezeichnet sich nun der alles Zeitliche umspannende Gott als die Liebe und im Umkehrschluss sind wir, die Menschen, göttliche Wesen. Das heißt, alle Liebe, welche einmal geliebt wurde, bleibt und vergeht nicht, ganz gleich wieviel Zeit an Trennung, Streit und Auseinandersetzung nun darüber vergangen sein mag. Andererseits wird alles hohl, klanglos, fad und unecht (vgl. Verse 1 u. 2), was von uns Menschen ohne Liebe initiiert wird oder wo sie nach und nach bereits verblasst ist.
Da wundert es dann nicht, wenn der Evangelist Lukas eben diese mit der Person Jesu lebendig und begreifbar gewordene Botschaft der Liebe Gottes unbeschadet durch die wütende Menge, welche selbst zum vernichtenden Todesstoß bereit war, hindurchschreiten lässt (vgl. Vers 30). Sie wollten das, was sie in der Rede Jesu noch zuvor zum Staunen gebracht hatte, die mit der göttlichen Lehre der Liebe wohl spürbar gewordene Größe wieder auf Normalmaß bringen, die Weite auf Überschaubarkeit und die damit einhergehende Freiheit begrenzen, folglich jeglichen Aufbruch zunichtemachen. Ihr Denken bleibt auf die Ortsgrenzen bezogen und in ihrer Vorstellungswelt kann und darf der ‚Junge von nebenan‘ mit solchen Gedanken nicht abheben und besonders nicht daran erinnern, dass Ausländer wie die Witwe von Sarepta oder der Syrer Náaman von ‚ihrem‘ Gott schon einmal bevorzugt wurden (vgl. Verse 24-27).
Damit sind wir mitten im bundesdeutschen Wahlkampfgetümmel und der abgekarteten Taktik mittels der Verschärfung von Abschieberegelungen in der Migrations- und Flüchtlingspolitik auf Stimmenfang zu gehen. Ganz ungeachtet der noch offenen Wunden von Solingen über Magdeburg bis Aschaffenburg und nicht zuletzt all der neuen Verletzungen, die mit einer europaweiten Debatte bei den Betroffenen verbunden sein werden.
Wo nur ist sie zu finden, diese Liebe?
Für Diskussion, Anregungen und Fragen: jan.opiela@web.de
Biblische Texte zum 4. Sonntag im Jahreskreis C (2025)
Lesung: erster Brief des Apostels Paulus an die Korinther
(1 Kor 12,31 – 13,13)
Der Weg der Liebe
31 Strebt aber nach den höheren Gnadengaben! Dazu zeige ich euch einen überragenden Weg:
1 Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete, / hätte aber die Liebe nicht, / wäre ich dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke. 2 Und wenn ich prophetisch reden könnte / und alle Geheimnisse wüsste / und alle Erkenntnis hätte; / wenn ich alle Glaubenskraft besäße / und Berge damit versetzen könnte, / hätte aber die Liebe nicht, / wäre ich nichts. 3 Und wenn ich meine ganze Habe verschenkte / und wenn ich meinen Leib opferte, um mich zu rühmen, / hätte aber die Liebe nicht, / nützte es mir nichts. 4 Die Liebe ist langmütig, / die Liebe ist gütig. / Sie ereifert sich nicht, / sie prahlt nicht, / sie bläht sich nicht auf. 5 Sie handelt nicht ungehörig, / sucht nicht ihren Vorteil, / lässt sich nicht zum Zorn reizen, / trägt das Böse nicht nach. 6 Sie freut sich nicht über das Unrecht, / sondern freut sich an der Wahrheit. 7 Sie erträgt alles, / glaubt alles, / hofft alles, / hält allem stand. 8 Die Liebe hört niemals auf. / Prophetisches Reden hat ein Ende, / Zungenrede verstummt, / Erkenntnis vergeht. 9 Denn Stückwerk ist unser Erkennen, / Stückwerk unser prophetisches Reden; 10 wenn aber das Vollendete kommt, / vergeht alles Stückwerk. 11 Als ich ein Kind war, / redete ich wie ein Kind, / dachte wie ein Kind / und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, / legte ich ab, was Kind an mir war. 12 Jetzt schauen wir in einen Spiegel / und sehen nur rätselhafte Umrisse, / dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt ist mein Erkennen Stückwerk, / dann aber werde ich durch und durch erkennen, / so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin. 13 Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; / doch am größten unter ihnen ist die Liebe.
Evangelium: Lukas 4, 21 – 30
Die Antrittsrede in Nazaret
16 So kam er auch nach Nazaret, wo er aufgewachsen war, und ging, wie gewohnt, am Sabbat in die Synagoge. Als er aufstand, um vorzulesen, 17 reichte man ihm die Buchrolle des Propheten Jesaja. Er öffnete sie und fand die Stelle, wo geschrieben steht: 18 Der Geist des Herrn ruht auf mir; / denn er hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, / damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde / und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze 19 und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe. 20 Dann schloss er die Buchrolle, gab sie dem Synagogendiener und setzte sich. Die Augen aller in der Synagoge waren auf ihn gerichtet. 21 Da begann er, ihnen darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt. 22 Alle stimmten ihm zu; sie staunten über die Worte der Gnade, die aus seinem Mund hervorgingen, und sagten: Ist das nicht Josefs Sohn? 23 Da entgegnete er ihnen: Sicher werdet ihr mir das Sprichwort vorhalten: Arzt, heile dich selbst! Wenn du in Kafarnaum so große Dinge getan hast, wie wir gehört haben, dann tu sie auch hier in deiner Heimat! 24 Und er setzte hinzu: Amen, ich sage euch: Kein Prophet wird in seiner Heimat anerkannt. 25 Wahrhaftig, das sage ich euch: In Israel gab es viele Witwen in den Tagen des Elija, als der Himmel für drei Jahre und sechs Monate verschlossen war und eine große Hungersnot über das ganze Land kam. 26 Aber zu keiner von ihnen wurde Elija gesandt, nur zu einer Witwe in Sarepta bei Sidon. 27 Und viele Aussätzige gab es in Israel zur Zeit des Propheten Elischa. Aber keiner von ihnen wurde geheilt, nur der Syrer Naaman. 28 Als die Leute in der Synagoge das hörten, gerieten sie alle in Wut. 29 Sie sprangen auf und trieben Jesus zur Stadt hinaus; sie brachten ihn an den Abhang des Berges, auf dem ihre Stadt erbaut war, und wollten ihn hinabstürzen. 30 Er aber schritt mitten durch sie hindurch und ging weg.