Jan Opiéla, kath. Seelsorger
für ‚Roma u. Sinti‘ im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz
und Präses der Katholischen Landvolkbewegung im Erzbistum Köln
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II. Sonntag der Osterzeit B‘24 ‚Weißersonntag‘ Lesung: Apg 4, 32 – 35 und
Evangelium: Johannes 20, 19 – 31, 07.04.2024
Völlig überzeichnet dieser ‚ungläubige Thomas‘, wie er hier versucht, pedantisch genau, den Finger in die Wunde‘ (vgl. Vers 25) zu legen, um sich Gewissheit zu verschaffen. Mit dieser Unglaubwürdigkeit in der Darstellung wird erst recht deutlich, dass der Evangelist Johannes hier eine Situation konstruiert, um auf die Glaubensfragen seiner Zeit – um ca. 90 n.Chr. – Antwort zu geben. Er entwirft diesen Thomas und seine ‚Ungläubigkeit‘, um so Fragen öffentlich zu machen, die man(n)/frau sich schon damals wie auch heute, besonders in einer geschlossenen Gemeindesituation, nicht traute, zu stellen.
Bisher schien das außerhalb von Kirche auch überhaupt kein Thema zu sein für die Generationen, welche sich ausschließlich virtuell durch diese Welt bewegen und keinerlei Zweifel an der Echtheit hatten, was ihnen da so multimedial geboten wurde. Doch mit der rasant fortschreitenden KI (Künstliche Intelligenz) ist es höchst fahrlässig, wenn nicht sogar für die eigene Existenz gefährlich, nicht mehr zu zweifeln und den sprichwörtlichen ‚Finger in die Wunde‘ zu legen, bei allem und jedem. Auch Johannes geht hier nicht ‚blauäugig‘ an die Sache heran, auch wenn es sich ja nur um Glauben und in der Tat ein ‚nicht Wissen‘ handelt.
Selbst schon da geht der Evangelist recht argumentativ vor, wenn er schreibt: „Noch viele andere Zeichen, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind, hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan. Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt …“ (Vers 31). Gemeint sind die uns bekannten Geschichten, wie die der zwei Jünger auf dem Weg nach Emmaus, die Frauen am Grab, welche nur einem engelgleichen Jüngling begegneten oder einem Gärtner und all die Begebenheiten, wo der Auferstandene gesehen worden sein soll; beim Kohlenfeuer am Strand war ER es oder in der geschlossenen Gesellschaft der Jünger, wo die fassbare Person Jesu jeweils nach Essbarem gefragt hat, zumal ja bekanntlich Gespenster keine Nahrung zu sich nehmen! All diese Begebenheiten und vieles mehr sind für den Evangelisten ‚Zeichen‘, die wir, Hinweisschildern im öffentlichen Raum gleich, in den Blick nehmen sollen, erfassen mögen, damit sie uns dann so bewegen, um auf dem Weg der Erkenntnis weiter zu kommen. Alles ist dafür da, dass wir uns auseinandersetzen, das heißt, in einen Entscheidungsprozess eintreten, der uns zeitlebens hin und herwirft zwischen glauben und nicht glauben, annehmen und verwerfen, zweifeln oder für fassbar zu erachten. Auf diesem Weg begleitet uns bestenfalls die ‚Kirche‘ mit ihrem Traditions- und Glaubensgerüst und in besonderer Weise mit den ‚Zeichen der ‚Gegenwartsweise Gottes‘, den Sakramenten … mit nicht mehr und nicht weniger!
Wenn nun auch an diesem ‚weißen Sonntag‘ in den Kirchen Jungen wie Mädchen, bestenfalls alle in ‚weißen‘ Kutten, das erste Mal am Tisch des Herrn teilnehmen, machen sie zeichenhaft deutlich, nun mit der Gegenwart Gottes in Brot und Wein gestärkt, ganz vorbehaltlos und offen (Farbe: Weiß), sich auf diesen Suchprozess einlassen zu wollen.
Denn schlussendlich muss ein jeder und eine jede von uns, höchst persönlich und ganz für sich allein glauben oder auch nicht und spricht dann gegebenenfalls am Ende aller Tage ein ‚ich glaube‘ aus, was den Schlusspunkt der Kette dieser Aus-einander-setzungen bezeichnet.
für Rückfragen und Diskussion jan.opiela@web.de
Biblische Texte zum 2. Sonntag in der Osterzeit B‘2024 ‚Weißersonntag‘
Lesung: aus der Apostelgeschichte (4, 32 – 35)
Die Gütergemeinschaft der Urgemeinde
32 Die Menge derer, die gläubig geworden waren, war ein Herz und eine Seele. Keiner nannte etwas von dem, was er hatte, sein Eigentum, sondern sie hatten alles gemeinsam. 33 Mit großer Kraft legten die Apostel Zeugnis ab von der Auferstehung Jesu, des Herrn, und reiche Gnade ruhte auf ihnen allen. 34 Es gab auch keinen unter ihnen, der Not litt. Denn alle, die Grundstücke oder Häuser besaßen, verkauften ihren Besitz, brachten den Erlös 35 und legten ihn den Aposteln zu Füßen. Jedem wurde davon so viel zugeteilt, wie er nötig hatte. 36 Auch Josef, ein Levit, gebürtig aus Zypern, der von den Aposteln Barnabas, das heißt übersetzt: Sohn des Trostes, genannt wurde, 37 verkaufte einen Acker, der ihm gehörte, brachte das Geld und legte es den Aposteln zu Füßen.
Evangelium: Johannes 20, 19 – 31
Die Erscheinung Jesu vor allen Jüngern am Osterabend
19 Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! 20 Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen. 21 Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. 22 Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! 23 Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.
Eine weitere Erscheinung Jesu und der Glaube des Thomas
24 Thomas, der Didymus genannt wurde, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam.[3] 25 Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. 26 Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder drinnen versammelt und Thomas war dabei. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! 27 Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28 Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott! 29 Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.
Erster Schluss des Johannesevangeliums
30 Noch viele andere Zeichen hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind. 31 Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen.